Der Leserbotschafter Ralf Nehmzow war in der Europa-Passage und hörte sich ihre Sorgen und Nöte an

Altstadt. Alles ist bereit. Alle sind vorbereitet. Die Hostess legt noch einige Exemplare der frischen Abendblatt-Ausgabe auf den Tisch inmitten der gemütlichen Sessel, Leserbotschafter Ralf Nehmzow wappnet sich mit Block und Stift. Die ersten Leser warten bereits mit ihren Briefen, Verträgen und Prospekten in der Hand. Denn schließlich soll das hier nicht ein netter Plausch, sondern Probleme sollen gelöst werden. Die Probleme der Abendblatt-Leser.

Seit August 2009 beschäftigt sich Ralf Nehmzow, 48, in seiner Kolumne "Der Leserbotschafter" jeden Donnerstag mit den großen und kleinen Sorgen der Hamburger. Das ist Leserservice von seiner praktischsten Seite.

Normalerweise ist der Vermittler zwischen den Hamburgern und den unterschiedlichsten Firmen und Institutionen per E-Mail oder Brief zu erreichen. Gestern Nachmittag kam Ralf Nehmzow in die Europa-Passage und hatte vor Ort ein Ohr für die Sorgen und Nöte der Leser.

Während am Stehtisch nebenan ein Mann Ralf Nehmzow gerade seinen Fall schildert, nutzen die Wartenden die Zeit für einen kleinen Schnack.

"Und ich hatte mich schon geärgert, weil ich mein Rätselbuch vergessen habe", sagt Peter Zlobinki, 72, aus Hummelsbüttel. Aber nun sei die Wartezeit doch schneller vergangen als gedacht. Er findet es wichtig, dass das Abendblatt sich für seine Leser einsetzt. "Wer soll einem denn sonst helfen?"

"Ich lese immer die Kolumne und kann manchmal gar nicht glauben, wie gut die Fälle da ausgehen", sagt Christine Stürtze, 42, aus Harvestehude.

Kathy Hampton, 55, hat ein Problem mit ihrem Vermieter, es geht um Schimmel. "Ich bin zwar auch im Mieterschutzbund, aber ich wollte mir hier noch mal eine zweite Meinung holen", sagt sie. Kollegen hatten ihr geraten, den Leserbotschafter zu kontaktieren. "Manchmal hilft es den Leuten ja schon, wenn sie mal über ihren Fall reden können und ein Außenstehender seine Einschätzung dazu abgibt", sagt Leserbotschafter Nehmzow. Dann muss er aber schon wieder weiter. Diesmal zu einer 92 Jahre alten Hamburgerin, die mit Gehhilfe gekommen ist. Ihr Knöchel ist verstaucht. Die alte Dame beschwert sich über die Höhe der Einstiege bei den Bussen. "Mir fällt das Einsteigen immer sehr schwer", sagt sie. Der Leserbotschafter hört aufmerksam zu. Ob sich das Problem ändern lässt?

Sarah Werth, 62, kommt vorbei und nimmt sich einen Prospekt vom Tisch. Sie hat zwar gerade kein Problem, aber die Kontaktdaten nimmt sie vorsichtshalber mal mit. "Er ist sehr vertrauenswürdig, das sehe ich an den Augen", sagt sie. Jetzt, da sie den Leserbotschafter gesehen hat, würde sie sich im Fall der Fälle an ihn wenden. "Er redet so nett mit der alten Dame und hört geduldig zu. Das können nicht viele."

Einige der Wartenden hatten schon einmal mit dem Leserbotschafter zu tun. Allerdings nur schriftlich. Sie haben ihm geschrieben und möchten sich nun persönlich über den Stand der Dinge informieren. "Ich gebe immer mein Bestes", sagt Ralf Nehmzow. Aber auch er schafft es manchmal nicht, jeden Fall sofort zu bearbeiten. "So etwas kann viel Zeit kosten."

Dafür sei es umso schöner, wenn es am Ende zu einer guten Lösung kommt. Hier zwei Beispiele: Eine Studentin überwies ihren Semesterbeitrag in Höhe von 130 Euro an die Universität Hamburg. Fünf Tage später fiel sie durch eine Prüfung und durfte das Studium nicht fortsetzen. Ihr Geld bekam sie trotzdem nicht zurück. Erst nachdem der Leserbotschafter sich einschaltete, lenkte die Hochschule ein und erstattete ihr die 130 Euro zurück. Um noch mehr Geld ging es bei Barbara Neuschwender. Sie fand ein Sparbuch ihrer verstorbenen Mutter, auf dem umgerechnet 918 Euro gutgeschrieben waren. Die Bank sprach von Verjährung und wollte den Betrag nicht auszahlen. Nach langen Gesprächen zahlte die Bank das Geld aus Kulanz doch.