Guttenberg über Reue, Buße und innere Einkehr. Vom hohen Ton und den Tatsachen in der Tiefe der Niedrigkeit

In der Quadriga der beliebtesten deutschen Politiker nimmt Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg immer noch einen der ersten Plätze ein. Neben Kanzlerin, Steinmeier, Ursula von der Leyen. Trotz oder wegen seiner gezinkten Promotion. Das liegt, möchte ich meinen, nicht nur an seiner jungenhaften Eleganz und seinem modebewussten Auftreten (Ray-Ban-Brille zu Kampfanzug), nicht nur an seiner bestechend schönen Gattin, mit der er ein Kaiser-Ersatzpaar hätte bilden können, nicht nur an den sportlich-eleganten Flanken über sämtliche Absperrungen des Reichtags; ich glaube, es liegt vor allem an seinem hohen Ton, mit dem er banale oder widrige Tatsachen aus der Tiefe der Niedrigkeit ziehen kann.

Was ist eine abgekupferte Doktorarbeit? Guttenberg weiß die Antwort: Für einen geplagten jungen Familienvater und einen aufstrebenden Politiker eine "Quadratur des Kreises".

Nunmehr hat er also nach all den Fehlern und dem Geständnis, dass er auch "nur ein Mensch" sei, und nach dem Zapfenstreich zu der bevorstehenden Fastenzeit erklärt, für ihn "folge jetzt eine Zeit der Ruhe und Aufarbeitung, aber auch der Reue und Buße: Es sind eigene Gedanken, die ich hier aufschreiben werde, und das ist eine Lehre der vergangenen Zeit." Übersetzt heißt das: Diesmal eigene Gedanken! Guttenberg statt Googleberg! Alles kommt aus dem eigenen Kopf, am eigenen Zopf will er sich aus dem Sumpf ziehen wie Baron von Münchhausen. Von der Quadratur zurück zur Klausur. Sein Lebenslauf also in gewohnt hoher Bahn. Hat er doch schon bisher als Urlaubslektüre Platons "Politeia" mit an den Strand genommen, im Original, auf Altgriechisch versteht sich. Panta rei! Alles fließt!

Dazu fällt mir Nestroy ein. In seiner Komödie "Talisman" beglückt der Held Titus Feuerkopf seine Dienstherrin Frau Zypressenburg auf die Frage nach dem Beruf seines Vaters mit folgender Antwort: "Er betreibt ein stilles, abgeschiedenes Geschäft, bei dem die Ruhe das einzige Geschäft ist, er liegt von höherer Macht gefesselt, und doch ist er frei und unabhängig, denn er ist Verweser seiner selbst - er ist tot." Darauf Frau von Zypressenburg (beiseite): "Wie verschwenderisch er mit zwanzig erhabenen Worten das sagt, was man mit einer Silbe sagen kann."

Das ist die hohe Schule, mit der Guttenberg sein Comeback aus dem Scheintod bestreiten könnte.