Der psychisch kranke Mann soll einen Studenten beleidigt haben

Neustadt. Wenn der Professor im Hörsaal so aufträte wie im Gerichtssaal, könnte einem angst und bange werden um die Studenten. Der Staatsanwältin knallt er mit Schwung und den Worten "diese Anklage ist eine Unverschämtheit" seine "schriftliche Aussage" auf den Tisch. "Sie stehen unter mir", raunzt er sie an. Und zur Richterin: "Lassen Sie sich große Ohren wachsen!" Sie hatte lediglich geäußert, ihn nicht richtig verstanden zu haben.

Professor Erhard K. ist psychisch krank - möglicherweise so krank, dass er für seine Aussagen, die ihn gestern vor Gericht gebracht haben, strafrechtlich nicht belangt werden kann. Im Mai 2010 soll er während einer Stochastik-Vorlesung den farbigen Studenten Carlos F. (Name geändert) mit den Worten "Raus aus Deutschland" und "Sie sind geistesgestört" beleidigt haben. Hätte er einen Strafbefehl über 2500 Euro akzeptiert, ihm wäre ein Prozess erspart geblieben. Doch der 57-Jährige hatte Einspruch eingelegt.

Der Student, gestern als Zeuge vor Gericht, erinnert sich an weitere Schmähungen. Im April habe der Professor ihn angeblafft: "Gehen Sie zum Deutschkursus!" Viele Kommilitonen seien empört ob der fremdenfeindlichen Äußerungen. Noch immer wirkt Carlos F. tief gekränkt. Auf die Beleidigung hin habe er ihn "Nazi" genannt. "Das ist ein Skandal", faucht der Professor nun. "Ich bin kein Nazi!" Und verhehlt nicht, dass er sich privat mit der Ariosophie beschäftigt, einer kruden "Lehre", die auf Grundlage einer okkultistischen Ideologie die "Reinheit der germanischen Rasse" beschwört.

Seit Jahren quält den vorläufig suspendierten Gelehrten eine starke innere Unruhe, die medikamentös behandelt werden muss. Sie hat ihm schon etliche Verfahren eingebrockt. Sein Verteidiger: "Er kämpft um seine psychische Stabilität und hat Angst vor einer Zwangseinweisung." Im Mai habe sein Arzt bei erhöhtem Stresspegel die Medikation falsch eingestellt - deshalb habe er sich wohl im Ton vergriffen, sagt Erhard K. Es sei so laut gewesen an jenem Tag im Hörsaal. Mit "Raus aus Deutschland" habe er nicht den Studenten gemeint, sondern die "Anti-Deutschen". Jedenfalls handele es sich um "eine Fehlprojektion von Herrn F.".

Der Auftritt von Erhard K. reicht dem Gericht: An einer verminderten Schuldfähigkeit besteht kein Zweifel. Ob er gar schuldunfähig war und damit straffrei bleibt, soll ein Psychologe klären. Den Einspruch gegen den Strafbefehl will Erhard K. nicht zurückziehen. Da kann das Gericht noch so drauf drängen, da bleibt der Gelehrte unbelehrbar.