Ermittlungen gegen Winterhuder Dentist weiten sich aus. Er sollte schon 2006 Zulassung abgeben

Winterhude. Noch ist unklar, wie viele Patienten der Winterhuder Zahnarzt Dr. Matthias T., gegen den die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung und Betruges ermittelt, tatsächlich fehlerhaft operierte. Doch "Dr. Albtraum", der 43-jährige Arzt, der in seiner Praxis am Mühlenkamp in schmerzhaften Prozeduren gesunde Zähne angebohrt und vielfach unprofessionell gezogen haben soll (wir berichteten), hat offenbar mindestens drei Jahre lang Kunden vollkommen unnötig regelrecht misshandelt. Für die Behandlungen verlangte er oft mehrere Tausend Euro. Bereits im Jahr 2006 hatte die Gesundheitsbehörde versucht, ihm die Zulassung zu entziehen. Doch das Vorhaben scheiterte.

Zwei ehemalige Patienten des Arztes hatten am Freitag im Abendblatt berichtet, was Dr. T. ihnen angetan hatte: Sie verloren Zähne, Teile des Kiefers sind bei beiden zerstört. Catharina R., 29, und Thomas S., 31, mussten nicht nur Dr. T. bezahlen, sondern nun auch noch mehrere Tausend Euro für Korrekturoperationen aufbringen. Bei der Ohlsdorferin Vera L. hat Dr. T. Behandlungen im Wert von 40 000 Euro abgerechnet. Sie ist privat versichert. Das Opfer: "Mein Mann und ich waren befreundet mit Dr. T. Ich denke heute, dass er die Freundschaft gesucht hat, damit wir Vertrauen fassen."

Im Sommer 2010, kurz bevor Dr. T. seine Praxis verkaufte, entfernte der Arzt der damals hochschwangeren Frau in einer fünfstündigen Operation fünf Zähne. Laut Gutachten hätten all diese Zähne erhalten werden können. Vera L.: "Mein Kieferknochen ist zerstört, Nerven dauerhaft geschädigt. Ich werde voraussichtlich fünf Jahre lang Nachbehandlungen über mich ergehen lassen müssen." Ihr Sohn kam zum Glück gesund zur Welt. "Trotz der schweren Schmerzmittel, die ich nach der Operation nehmen musste", sagt die Frau. "Aber mein Gebiss ist ruiniert." Dr. Matthias T., der nicht mehr praktiziert, seit er die Praxis - offenbar zu einem guten Preis - verkaufte, befindet sich laut seinem Anwalt in psychiatrischer Behandlung. Er sei manisch-depressiv, heißt es. Das Geld, das er mit den teuren Operationen verdiente, ist offenbar verschwunden.

Schon 2006 hatte die Gesundheitsbehörde laut Sprecher Rico Schmidt ein Verfahren zur Entziehung der Approbation aus psychiatrischen Gründen angestrebt. Damals wie auch später hatte die Zahnärztekammer eine Vielzahl von Beschwerden über den Arzt an die Behörde geleitet. Schmidt: "Das Verfahren scheiterte an einem Gutachten. Es besagte, dass T. in der Lage sei, seinen Job verantwortungsvoll auszuüben, wenn er regelmäßig einen Arzt besuche."

Unter der Auflage, sich regelmäßig begutachten zu lassen, durfte Dr. Matthias T. weiter behandeln. In der Folge geschahen die überflüssigen Operationen. Vera L. beschreibt den früheren Freund, der ihr das Gebiss kaputt operierte, als "vollkommen ruhigen und ausgeglichenen Mann". Von einer Erkrankung hat sie nichts mitbekommen. Vera L.: "Die Abrechnungen hat er jedenfalls sehr gewissenhaft vorgenommen." Anders als offenbar die medizinischen Eingriffe.