... und zwar in ganz Europa, fordert die frühere SPD-Politikerin und erinnert daran, dass es schon mal einen Senat gab mit ebenso vielen Frauen wie Männern

Hamburgs Frauen stehen nicht an der Klagemauer. Aber die Frauenfrage ist nicht gelöst, weil die Geschlechterverhältnisse nicht in Ordnung sind und Geld und Macht nach wie vor ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt sind. Gerade erst am 100. Internationalen Frauentag wurde an großartige Hamburgerinnen erinnert, an Lida Gustava Heymann, Helene Lange, Emmy Beckmann oder Paula Karpinski, die für das Frauenwahlrecht und das Recht auf Bildung für Frauen gestritten haben. Der Gedenktag steht für die gleichberechtigte Teilhabe der Frauen. Sie wollen die Hälfte des Himmels, aber auch die Hälfte der Erde. Frauen wollen "Brot und Rosen" und eine gerechtere Welt.

Gleichberechtigung wird erreichbar sein, wenn sich Frauen und Männer wie in den nordischen Staaten auf eine neue Arbeitsteilung in Kindererziehung, Hausarbeit und Pflege einigen und eine neue Hamburger Unternehmenskultur zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie beiträgt.

Hamburg braucht eine neue Frauen- und Gleichstellungspolitik und muss den Auftrag der Hamburger Verfassung erfüllen, "die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern".

Hamburg muss wieder zur frauenfreundlichsten Stadt in Deutschland und Europa werden. Hamburg hatte das erste Senatsamt für die Gleichstellung und braucht heute eine vergleichbare politisch hoch aufgehängte Lösung. Frauen in Hamburg wollen frei und gleich sein. Dazu muss der neue Senat sichtbar und spürbar beitragen. Hamburg hatte einmal einen hälftig aus Frauen und Männern zusammengesetzten Senat, und zwar unter Bürgermeister Ortwin Runde.

Schön, dass 40 Prozent der Bürgerschaftsabgeordneten weiblich sind. Hamburgs viele Gremien allerdings erreichen nur einen durchschnittlichen Frauenanteil von knapp 25 Prozent, und in den öffentlichen Unternehmen hat keine Frau das Sagen. Hamburg muss deswegen sein Gleichstellungsgesetz von 1991 modernisieren und die geschlechterparitätische Besetzung von Vorständen, Aufsichtsräten und Gremien regeln.

Zu einer gleichstellungspolitischen Umkehr gehören ein Gleichstellungs- oder Frauenbericht wie auch der Einsatz unterschiedlicher sich ergänzender Strategien wie Frauenförderung, Gender Mainstreaming und Gender Budgeting, Quoten und rechtspolitischer Maßnahmen.

In Hamburg trafen die Sparmaßnahmen des letzten Jahrzehnts überproportional Frauen- und Mädchenprojekte, Frauenkultur und viele Beratungsangebote. Selbst Hamburger Frauenhäuser sind nicht finanziell abgesichert bzw. angemessen ausgestattet. Es gab weder Frauenberichte, noch wurden bei Lebenslagenberichten die Armut der Frauen, die Herausforderungen für Alleinerziehende oder ältere Frauen berücksichtigt. Die zunehmende Ungleichheit in Hamburg trifft Frauen. Sie verdienen immer noch durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer, sie bilden die Mehrheit derjenigen, die schlecht bezahlte, sozial ungesicherte Minijobs übernehmen müssen. Und jede fünfte Frau ist ein Opfer häuslicher Gewalt, wie OECD-Daten belegen.

Gleichstellungs- und frauenpolitische Herausforderungen gibt es auch heute. Die Arbeitswelt ist wenig frauenfreundlich. Deswegen wird ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft gebraucht, das die Lohngleichheit sowie die Quote für Führungsfrauen einführt und die Vergabe öffentlicher Aufträge an Gleichstellungspläne von Unternehmen knüpft wie in anderen europäischen Staaten oder in den USA. Hamburg kann ein Vorbild werden. Wichtig für die Hamburgerinnen sind auch menschen- und frauenwürdige Arbeit, Mindestlöhne, die Abschaffung des milliardenteuren Ehegattensplittings und erschwingliche qualitativ hochwertige Kinderbetreuung.

Zur Frauenfreundlichkeit Hamburgs können aber auch Stadtplanung, Verkehrspolitik, Wohnungsbau und Integrationspolitik beitragen, wenn sie die anderen Zeiten und Anforderungen der Frauen an das Leben in einer Großstadt berücksichtigen.

Nichts wird sich allerdings ändern, wenn sich Rollenklischees, Geschlechterstereotypen und traditionelle Verhaltensweisen nicht ändern - in der Partnerschaft, in der Familie, in den Betrieben und Behörden und in der Gesellschaft. Hamburgs Bildungspolitik der Zukunft muss hierzu einen Beitrag leisten. Hierfür sind keine zusätzlichen Mittel, aber eindeutige politische Vorgaben erforderlich.