Liebe Hamburgerinnen,

liebe Hamburger!

Meine Heimat ist euch plötzlich sehr bekannt geworden - leider dank trauriger Schlagzeilen: Täglich hören wir aus Libyen von Tod und Terror. Doch bald wird's hoffentlich die eine Nachricht geben: "Gaddafi gestürzt!".

Auf diese Meldung warte ich seit 1972. So lange lebe ich schon in Deutschland, wohin ich seinerzeit zunächst zum Studieren gekommen bin. Und wo ich dann die Freiheit gefunden habe. Hier in Hamburg muss ich mich jedenfalls nicht gefangen fühlen. Muss keine Angst vor Spitzeln und Häschern haben. Muss nicht befürchten, dass mein Leben von einer Sekunde auf die nächste einfach so ausgelöscht werden könnte, bloß weil ich womöglich irgendein "falsches Wort" ausgesprochen habe. Hier in Hamburg kann ich leben. In Libyen könnte ich das nicht: Dort wurde ich 1984 wegen meines Engagements gegen das Gaddafi-Regime in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Dass ich nach fast vier Jahrzehnten demnächst vielleicht in meine Heimat und zu meiner Familie zurückkehren kann, das ist für mich eine lang ersehnte Vorstellung. Ein freies Libyen - das ist ein Traum. Ich hoffe, dass er bald Wirklichkeit wird. Dann will ich sofort nach Tripolis reisen und meinen Beitrag zur Neugestaltung des Landes leisten. Dabei werden mir sicher jene Tugenden helfen, die ich in Hamburg gelernt habe: Gründlichkeit, Verlässlichkeit, Direktheit - Eigenschaften eben, die für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft unerlässlich sind. Gepaart mit arabischer Lockerheit und Herzenswärme wollen meine Freunde und ich Libyen so ein neues Gesicht geben.

Bei euch Hamburgern fühle ich Unterstützung für den Traum von einem neuen Libyen. Danke also für eure Anteilnahme. Und dafür, dass ihr mit mir darauf hofft, dass aus Libyen in Zukunft schöne Schlagzeilen kommen.

Mohamed Ben Hmeda, 58, ist Diplom-Volkswirt und lebt in Eimsbüttel.