Theoretisch könnte Niels Stolberg in einigen Wochen wieder auftauchen, sich in den Kampf um sein Unternehmen stürzen und am Ende erneut auf der Kommandobrücke stehen. Praktisch aber wird es so nicht sein. Zwar ist Stolberg offiziell nur für einige Wochen "beurlaubt" und noch immer Mehrheitseigner der Bremer Reederei Beluga Shipping. Aber mit seinem erzwungenen Rückzug vor einigen Tagen ist seine von ihm sorgsam gepflegte Erfolgsgeschichte in sich zusammengebrochen.

Es war eine schöne Geschichte: Der Sohn eines Lotsen und einer Buchhalterin wird erst Seemann und gründet dann seine eigene Reederei. Er macht sie in wenigen Jahren zum Weltmarktführer bei Schwerguttransporten, schafft Arbeitsplätze und am Schifffahrtsstandort Bremen neuen Stolz, er fördert den Nachwuchs, den Sport und die schönen Künste.

Sehr schade wäre es, hätte er all dies nur mit Blendwerk und Selbstüberschätzung erreicht. Die genauen Umstände für den Machtkampf zwischen Stolberg und dem US-Finanzinvestor Oaktree, Miteigner bei Beluga Shipping, sind noch nicht klar. Aber vieles spricht dafür, dass der Bremer Reeder in wohl unverantwortlicher Weise expandiert - und damit sein Unternehmen vermutlich verloren hat.

Einer der Hoffnungsträger der deutschen Schifffahrtsbranche fällt somit fast zur gleichen Zeit wie der Polit-Popstar Karl-Theodor zu Guttenberg. Beide wollten zu viel des Guten und wurden ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Stolberg wäre, wie Guttenberg, mehr Erfolg zu wünschen gewesen. Denn ehrliche und erfolgreiche Vorbilder braucht die Politik so dringend wie die Wirtschaft.