Ein Sprachspiel von Alexander Josefowicz

Ich mag Wörter, Sprache und den mehr oder minder kreativen Umgang mit ihr. Also nehme ich meistens sogar Werbeschilder bewusst wahr und mache mir Gedanken über ihren Inhalt.

Das macht besonders bei handgeschriebenen Tafeln viel Freude. Die Unbekümmertheit, mit der Kioskbesitzer und Ladeninhaber Orthografie und Grammatik durch den Schleuderwaschgang des täglichen Sprachgebrauchs jagen, imponiert mir. Dabei kommt es aber nicht nur zu zwiebelfischigen Fehlleistungen. Der Inhaber eines Getränkemarkts im Schanzenviertel könnte ein umgeschulter Germanist oder Psychologe sein. Kenntnisse der Sender-Empfänger-Theorie beweist er mit einem Versprechen, das keine Missverständnisse beim Kernpublikum aufkommen lässt: "Alkoholiker-Bedarf in reichhaltiger Auswahl". Auch die vermeintlichen Sensationen, die Striptease-Schuppen und Sex-Shops in ihren Fenstern ein paar Straßen weiter auf der Reeperbahn anpreisen, beeindrucken durch ihre Unverblümtheit - und eine Menge Ausrufezeichen!!!

Faszinierend sind auch die Leuchtreklamen auf dem Kiez. Oder vielmehr das, was sie verschweigen. Das St.-Pauli-Theater hat ein "I" eingebüßt, der Steak & Fish Palast muss ohne ein "S" auskommen. Auch das Café Keese vermisst Buchstaben. Was wohl herauskommen würde, wenn man all die ausgebrannten Neonbuchstaben sammeln würde? Vermutlich irgendetwas Unanständiges.