Pünktlich zum Ferienbeginn blieben die Züge am Freitag stehen. Die Lokführergewerkschaft steht in der Kritik. Weitere Streiks sind geplant.

Hamburg. Ferienstart in Hamburg, Computermesse in Hannover, Karneval im Rheinland - und Streik. Zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen blieben am Freitag die Züge stehen, und zwar von 8.30 bis 11.30 Uhr. Nach Angaben der Lokführergewerkschaft GDL legten im Norden mehr als 200 Lokführer vorübergehend die Arbeit nieder. Und alles deutet darauf hin, dass kommende Woche der Streik erst richtig losgeht.

"Mich hat der Streik völlig überrascht, deshalb bin ich umso genervter", sagte Rosemarie Donner. Die 53-jährige Altenpflegerin blieb samt Hund im zugigen Hamburger Hauptbahnhof stecken und bangte um ihren Fähranschluss nach Norderney.

Die Deutsche Bahn indes schien vorbereitet. Wie schon beim Warnstreik am Freitag der Vorwoche versorgte sie ihre gestrandeten Kunden mit Laugenbrezeln und Kaffee. Kaum betroffen waren dieses Mal die Pendler, denn schon am Donnerstagnachmittag hatte die S-Bahn Hamburg von dem bevorstehenden Streik erfahren und daraufhin ihre Lokführer teilweise durch Beamte ersetzt, die nicht streiken dürfen. Daher rollten die S-Bahnen, wenn auch eingeschränkt - im Gegensatz zu den Privatbahnen wie Metronom oder Nord-Ostsee-Bahn (NOB), die nur Angestellte beschäftigen. Zeitweise standen nahezu alle Züge der NOB still.

Unterdessen wird die Lokführergewerkschaft zunehmend harsch kritisiert. "Die GDL hat wieder einmal gezeigt, dass sie nicht bereit ist, den Gesamtkontext zu sehen", sagte der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, dem Abendblatt. Es gehe nicht mehr um einen Tarifstreit; vielmehr betreibe die GDL einen "Organisationskonflikt" zwischen den Gewerkschaften. Auch DB-Personalchef Ulrich Weber fand deutliche Worte: "Es ist widersinnig. Warnstreiks treffen die Falschen."

Zudem kündigten die sechs großen privaten Bahnunternehmen im Nahverkehr (G6) ihre Verhandlungsallianz gegenüber der GDL auf. "Wir werden uns nicht zum Spielball von konkurrierenden Gewerkschaften machen lassen", sagte Verhandlungsführerin Ulrike Riedel. Somit bricht der Lokführergewerkschaft der Verhandlungspartner weg, sie muss nun auf jedes Unternehmen einzeln zugehen. "Die GDL hat hier den Bogen überspannt. So kann man nicht verhandeln", sagte NOB-Chef Andreas Winter dem Abendblatt.

Ursprünglich verhandelten die G6 mit beiden Gewerkschaften, der EVG und der GDL. Mit der EVG wurde ein Branchentarifvertrag ausgehandelt, den die GDL allerdings nicht akzeptieren will - und deshalb weiter streikt. "Wenn wir kein verhandlungsfähiges Angebot erhalten, sind wir zu längeren Arbeitskämpfen bereit", sagte GDL-Vize Norbert Quitter.

Am Montag steht das Ergebnis der GDL-Urabstimmung fest. "Dieses Ergebnis ist vorhersehbar", sagte Quitter auf Anfrage. Heißt: Die Mitglieder wollen streiken. Der Betriebsrat einer Privatbahn hat seine regelmäßige Sitzung vorsorglich schon mal von Dienstag auf Mittwoch verlegt.