Das Ergebnis der Tier-Inventur zum Saisonstart: Alle sind da und halten ihre Nasen, Schnauzen und Rüssel in die Sonne

Stellingen. Alarm bei Hagenbeck: Die Papageien begrüßen jede Schubkarre auf der benachbarten Baustelle für das neue Känguruhaus mit schrillem Geschrei. Von der Märchenbahn dröhnt der Hochdruckreiniger herüber, und auf dem Pavianfelsen werden die Machtverhältnisse neu verteilt. Heute beginnt im Tierpark die Sommersaison 2011, geöffnet ist nun wieder bis abends 18 Uhr. Damit auch wirklich alle 1852 Tierpark-Bewohner (210 Arten) dabei sind, wurde am Freitag noch einmal gründlich durchgezählt.

Eins - zwei - drei. Die Flachland-Tapire sind vollzählig. Etwas misstrauisch halten Xingo, Carmina und Bonito ihre Rüsselnasen nach draußen. Tatsächlich Sonne. Weil Tierpfleger Thomas Günther auch noch mit Karotten lockt, kommen sie aus dem Stall und lassen sich vermessen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. "Bonito ist jetzt anderthalb Jahre alt und mit 166 Zentimetern Länge und 85 Zentimetern Höhe so groß wie sein Vater", sagt Thomas Günther zufrieden. Für das Jungtier wird dieses Frühjahr das letzte in Hamburg sein. Bonito wird zur Konkurrenz für seinen Vater. Ständig gibt es Streit im Stall, und Bonito muss deshalb bald den Zoo wechseln und eine eigene Familie gründen.

Ebenfalls leicht zählen lassen sich die jüngsten Hagenbeck-Neuzugänge. Sie sind (noch) nur zu zweit, heißen Emely und Emmet und haben Quartier bei den Haustieren bezogen. Auf den ersten Blick handelt es sich um zwei ganz normale Esel mit langen Ohren und weißen Schnauzen. In Wirklichkeit aber sind es Tiere mit Seltenheitswert. "Von den Thüringer Waldeseln gibt es nämlich weltweit nur noch 15 bis 20 Tiere", sagt Zoo-Tierarzt Dr. Michael Flügger. Nachwuchs ist deshalb dringend erwünscht und wird auch schon im April erwartet. Emely stieg vor zwei Wochen mit einem dicken Bauch aus dem Transporter.

Das erste Hagenbeck-Baby 2011 wird das Eselfohlen nicht sein. Bereits geboren wurden schon ein Quessantschaf, zwei noch versteckt lebende Kamtschatkabären, drei nordchinesische Leoparden und drei Capybaras. Capy-was? Die meisten Hagenbeck-Besucher kennen die puscheligen Riesen-Meerschweinchen besser unter dem Namen Wasserschwein. Am 14. Januar kam ein Trio auf die Welt. Es sind drei Jungs: Alejandro, Miguel und Oscar. Noch lassen sie ihre Eltern nicht aus den Augen und suchen die Nähe zur Höhle, aber schon bald werden sie, ganz legal, die Biege machen. Durch die Wasserschweinklappe geht es dann nach draußen, um andere Tiere zu besuchen und ihnen das Futter wegzufressen. Am liebsten wandern die pummeligen Wasserschweine zu den Riesenschildkröten. Dort ist der Zaun niedrig, das Futter lecker und die Bestohlenen nicht flink genug zur Verteidigung.

Wie denn auch mit 220 Kilogramm auf dem Rücken? Otto war gestern der Schwerste auf der Schildkröten-Waage. Senior Leopold, der vor einigen Monaten seinen 100. Geburtstag feierte, folgte mit 182 Kilogramm. Romina war mit 87 Kilogramm das Leichtgewicht der Familie. "Schildkröten wachsen bis zum Ende ihres Lebens", sagt Tierarzt Michael Flügger. Kein Wunder. Wärme regt zum Wachsen an. Und die Schildkröten liegen bei 30 Grad Raumtemperatur auf warmem Sand.

Wer raus muss, sollte sich ein warmes Fell anziehen, sonst kriegt er rote Ohren. Wie die fünf "Schwärzlinge" bei den Mantelpavianen. Im Oktober und November kamen die Jungtiere zur Welt, erst nach einem halben Jahr wird das Fell hellbraun. Tierpfleger Kevin Surmilo musste die Bande, bekannt durch ihre roten Popos, gestern zählen. Er kam ein paar Mal durcheinander, dann verkündete er: "Es sind 54 Tiere, von denen 15 männlich und fünf noch schwarz sind." Kaum gezählt, schwärmten die Männchen auch schon aus und thronten wenig später stolz auf den besten Plätzen in der Sonne. Allein: "Die, die glauben sie wären die Väter, sind es nicht. Dafür habe ich gesorgt", so der Zoo-Tierarzt. Der Grund: Die großen Männchen, Chefs über Harems mit bis zu acht Weibchen, sind längst sterilisiert. Ihre Söhne nicht. Sie können noch. Und wollen auch. Frühling eben.