Wolfgang Lohbeck, 66, ist Automobil-Experte bei Greenpeace.

1. Hamburger Abendblatt:

Herr Lohbeck, die Einführung des neuen Benzins E10, das zehn Prozent Bioanteil (Ethanol) enthält, sorgt für Unruhe an den Tankstellen. Die Benzinbranche muss es anbieten, aber die Autofahrer sind verunsichert und tanken lieber teurere Alternativen. Was bringt E10?

Wolfgang Lohbeck:

Abgesehen von den Sicherheitsbedenken der Autofahrer und den Preisdebatten an den Zapfsäulen - E10 führt in eine völlig falsche Richtung. Denn dieses neue Mischbenzin bringt keine Entlastung, sondern eine stärkere Belastung der Umwelt.

2. Was spricht denn gegen diesen neuen Sprit?

Lohbeck:

Die Umweltbilanzen von Biotreibstoffen sind noch schlechter als die von konventionellem Sprit, unter anderem wegen des hohen Bedarfs an Kunstdünger für den Anbau der Energiepflanzen. Biosprit vom Acker verschärft zudem die Konkurrenz um Rohstoffe für Nahrungsmittel - ein verheerender Trend. Letztlich profitiert die Automobilwirtschaft, die nicht bereit war, noch strengere Grenzwerte für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid zu akzeptieren.

3. Wenn man die Umwelt über den Kraftstoff nicht entlasten kann, wie geht es dann?

Lohbeck:

Die Automobilindustrie müsste einen Paradigmenwechsel einleiten, was sie aber nicht tut. Autos könnten erheblich leichter gebaut werden, als das heutzutage der Fall ist. Und zwar nicht unter Verwendung von mehr Aluminium oder exotischen Materialien, sondern durch Verzicht auf immer mehr Ausstattung und Elektronik in den Fahrzeugen. Der unsinnige Trend zur Aufrüstung des Automobils muss aufhören. Ein Kleinwagen könnte ohne Weiteres mit einem Ausstoß an Kohlendioxid von 35 bis 40 Gramm je Kilometer gebaut werden - heutzutage sind es aber 90 bis 100 Gramm.

4. Müssen wir also auf einen Boom der Elektroautos hoffen?

Lohbeck:

Bislang bieten Elektroautos keine ernsthafte Alternative. Die Elektroantriebe und vor allem die Batterien sind nicht ausgereift. Welcher Kunde soll sich einen Elektro-Kleinwagen kaufen, der dreimal so viel kostet, aber weniger leistet als das gleiche Modell mit Verbrennungsmotor?

5. Welche technologischen Schritte bringen denn am ehesten Fortschritte?

Lohbeck:

Die Hinwendung zu einer konsequenten Leichtbauweise in der Automobilwirtschaft ist entscheidend. Das müsste allerdings mit Tempolimits verbunden sein. Die deutsche Kultur der Hochgeschwindigkeit ist eine der Ursachen für immer weiter steigende PS-Zahlen. Weniger Geschwindigkeit bedeutet weniger Verbrauch und zugleich mehr Sicherheit auf den Straßen.