Das US-Bewertungsportal Yelp expandiert in Hamburg und will sich gegen den Konkurrenten Qype behaupten. Die Pläne des Gründers Stoppelman.

Hamburg. Ole Z. ist wütend. Laut und hektisch sei es in dem asiatischen Restaurant in der Schanze gewesen. Die Kellner unpersönlich, der Service eine Art Massenabfertigung. Das könne auch die Küche nicht entschädigen. Seinen Unmut möchte er teilen, macht sein Urteil deshalb öffentlich - auf yelp.de.

Der Kunde als Kritiker. So lautet das simple, aber durchaus erfolgreiche Prinzip des US-Bewertungsportals Yelp. In San Francisco 2004 gestartet, ist in etwa 15 Millionen Rezensionen nachzulesen, welcher Friseur sein Handwerk beherrscht und in welcher Kneipe das Bier handgezapft wird. Bis zu 45 Millionen Besucher zählt die Webseite nach eigenen Angaben pro Monat. Es sollen weitere dazukommen.

Seit Juli vergangenen Jahres ist Yelp in Deutschland tätig. Legte das Unternehmen zunächst den Fokus auf Berlin und München, soll jetzt der Hamburger Markt erobert und dazu ein Firmenbüro eröffnet werden. "Wir arbeiten uns Stadt für Stadt vor. Denn wir bevorzugen Qualität statt Quantität", erklärt Jeremy Stoppelman, 33. Gemeinsam mit Russel Simmons gründete er Yelp, brach damals als 26-Jähriger sein Harvard-Studium ab. Wie so viele, die auf der Erfolgswelle der sozialen Netzwerke mitschwimmen wollen.

In den USA hat es Jeremy Stoppelman geschafft. Yelp ist dort eine Marke, der Platzhirsch unter den Bewertungsportalen. In Deutschland und Europa wird die Expansion ungleich schwerer. Schließlich betritt Yelp hierzulande keineswegs Neuland. Seit 2005 sammelt Qype die Kritiken einer umfassenden Netzgemeinde. Der deutsche Internetpionier Stephan Uhrenbacher baute die in Hamburg ansässige Firma zum Marktführer in Deutschland, England und Frankreich auf - jene Länder, in die der US-Konkurrent nun massiv drängt.

Die Geschäftsidee ist dabei identisch: Die Mitglieder verfassen kurze Artikel über Restaurants, Shops und Bars. Vergeben fünf Sterne für exzellentes Essen, bestrafen lauwarmen Kaffee mit nur einem. Eine digitale Marktübersicht - aber eine, die von Kunden geschrieben und dadurch attraktiv ist. Besonders für lokale Unternehmen.

Yelp und Qype finanzieren sich durch Werbung. In Deutschland verzichtet Yelp allerdings ein Jahr lang darauf, Anzeigen zu schalten. Zunächst soll eine Gemeinschaft aufgebaut, eine verlässliche Plattform geschaffen werden. "Glaubwürdigkeit ist für uns das Wichtigste", sagt Yelp-Chef Jeremy Stoppelman. "Was bringt ein Bewertungsportal denn sonst?" Um Missbrauch zu verhindern, löscht ein Filter automatisch Artikel, die danach klingen, als hätte sich hier ein Ladenbesitzer selbst mit fünf Sternen belohnt.

Das alles wirkt wohldurchdacht. Trotzdem bleibt die Frage, ob Yelp die Erfolgsgeschichte Facebooks wiederholen kann. Das soziale Netzwerk baute in rasanter Geschwindigkeit sein deutsches Geschäft auf - und brachte sein Pendant studiVZ in arge Bedrängnis. Stoppelman gibt sich zuversichtlich, Qypes Vormachtstellung zu brechen. "Bei uns steht der Gemeinschaftsgedanke stärker im Vordergrund." Man befreundet sich untereinander, erfährt dadurch mehr über den Menschen, der etwas bewertet. "So wird aus irgendeinem Tipp die gute Empfehlung eines Freundes. Und dem vertraut man."

Yelp selbst vertraut im Kampf um Kritiker auf seine üppige finanzielle Ausstattung. Zu Umsätzen möchten sich die Amerikaner zwar grundsätzlich nicht äußern, doch schlugen sie immerhin ein millionenschweres Übernahmeangebot von Google aus. Stattdessen nahm Stoppelman eine Offerte der Investmentfirma Elevation Partners an, die 25 Millionen Dollar für die Expansion von Yelp bereitstellten. Was den Risikofinanzierer überzeugte: der prosperierende lokale Werbemarkt.

Dabei hat das Geschäftsmodell eines Bewertungsportals wie Yelp jedoch einen Nachteil. Wer hier von Nutzern gelobt wird, bekommt die beste Werbung frei Haus. Und wen sie öffentlich zerreißen, bucht erst recht nicht. "Unsere Erfahrung zeigt aber, dass 85 Prozent der Bewertungen ausgewogen sind", sagt der Yelp-Chef. Lokale Betriebe und Restaurants würden die Seite also vor allem nutzen, um die kaufkräftigen jungen Kunden zwischen 18 und 34 Jahren zu erreichen. Menschen wie Ole Z. In Hamburg wünscht sich Jeremy Stoppelman mehr davon.