Denn es führt zu einer sachgerechten Besteuerung der Eheleute als Wirtschaftsgemeinschaft. Sogar für Lebenspartnerschaften sollte es gelten, fordert der Experte

Das Ehegattensplitting sei "heute nicht nur unzeitgemäß, sondern sogar kontraproduktiv", gab der Hamburger Reeder Peter Krämer kürzlich im Abendblatt zu Protokoll und plädierte für seine Abschaffung. Dabei ist das Splitting verfassungsrechtlich begründet und kann gar nicht abgeschafft werden. Es ist Bestandteil des Schutzbereichs von Artikel 6, Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) sowie der an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Ehepaaren (Art. 3, Abs. 1 GG) orientierten sachgerechten Besteuerung, weil die Ehe als "Wirtschaftsgemeinschaft" interpretiert wird.

Eine erzwungene getrennte Veranlagung hätte zur Folge, dass Eheleute mit gleichem Gesamteinkommen, aber unterschiedlicher Aufteilung des Einkommens ungleich behandelt würden. Da spielt das Bundesverfassungsgericht nicht mit. Das Splittingverfahren ist mitnichten ein Relikt aus präemanzipatorischer Zeit, auch kein Ausdruck eines wertkonservativen Weltbilds, das abgeschafft werden müsse, um das Grundgesetz zu "entstauben".

Mit Verlaub: Angesichts der jüngsten Grundgesetzänderungen graut es mir davor, dass die Politiker wieder Hand an unsere Verfassung legen. Wenn das Splittingverfahren verändert werden soll (und das sollte es), dann geht nur um Ausweitung.

Aus steuersystematischer Sicht sollten eingetragene Lebenspartnerschaften mit in das Ehegattensplitting einbezogen werden. Abseits der Klischees sind Schwule und Lesben auch Leistungsträger unserer Gesellschaft, wie jeder Arbeiter, Angestellter, Unternehmer. Einige mögen bunter leben als der Durchschnitt, einige schriller, lauter, intensiver - und deshalb Vorbehalte und Vorurteile provozieren. Im Kern aber sind sie so besonders wie jeder andere und fordern zu Recht eine Gleichbehandlung im Steuerrecht.

Vor allem, wenn man sich den Pflichtenkatalog bei eingetragenen Partnerschaften anschaut, ist die Anpassung überfällig. Die jüngste Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zu Lebenspartnerschaften und Besteuerung von Erbschaften lässt kaum Zweifel, dass die steuerrechtliche Gleichstellung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft eine Frage der Zeit ist. Schwieriger wird es bei sogenannten wilden Ehen, also Partnerschaften ohne Trauschein. Hier greifen in einer Notlage wie der Arbeitslosigkeit zwar Sozialgesetze, die eine Fürsorge füreinander erzwingen.

Ein Recht auf steuerlichen Ausgleich über ein Splittingverfahren gibt es jedoch nicht. Damit provoziert die Sozialgesetzgebung eine Argumentationskette, die am Ende auf eine Ausweitung des Ehegattensplittings auf wilde Ehen hinausläuft.

Neben der Ausweitung wird auch vorgeschlagen, das Ehegattensplitting in ein Familiensplitting umzuwandeln. Schließlich liege der historische Ursprung in der stillen Hoffnung der Verfassungsgeber, durch finanzielle Anreize zur Eheschließung die Geburtenrate zu erhöhen, so eine verbreitete Auffassung.

Doch ein Familiensplitting birgt die Gefahr, dass in seinem Rahmen die steuerliche Entlastung der Eltern hinter der verfassungsrechtlich erforderlichen Entlastungswirkung von kindesbezogenen Freibeträgen zurückbleibt. Bei einer Unterhaltsgemeinschaft, die Eltern mit Kindern typischerweise sind, ist ein erweitertes Splitting wohl nicht der richtige Weg.

Freibeträge erweisen sich hingegen als sachgemäße steuerliche Lösung. Das lässt uns Bürgern auch die Entscheidung, ob wir und wie wir mit unseren Partnern zusammenleben und Kinder großziehen wollen.

Das Ehegattensplitting ist nämlich keine sozialpolitische Maßnahme zur Steigerung der Geburtenrate.

Aber wir Steuerzahler kennen das ja: Man weiß nie, was den Politikern als Nächstes einfällt. Sie sind sehr kreativ, wenn es um neue Einnahmequellen geht. Die Pendlerpauschale haben wir uns wiedergeholt. Das Ehegattensplitting lassen wir uns gar nicht erst wegnehmen.