Die Wunschliste der Wirtschaft in Hamburg ist klar: Elbvertiefung, Schuldenabbau und Schulfrieden. Es wird aber mehr erwartet.

Hamburg. Die zügige Umsetzung der Elbvertiefung, der Ausbau von Verkehrswegen und die Konsolidierung des Haushalts sind die wichtigsten Forderungen der Hamburger Wirtschaft an den neuen Senat unter Führung von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Doch neben diesen Dauerthemen haben die Unternehmen weitere Erwartungen, wie eine Umfrage des Abendblatts unter den sechs wichtigsten Wirtschaftsvertretungen der Stadt ergab.

"Das Wahlergebnis bedeutet eine besondere Verantwortung für die Stadt und die Wirtschaft am Standort", sagte Hans-Theodor Kutsch, Vorsitzender des Industrieverbandes Hamburg (IVH). "Zugleich bietet die absolute Mehrheit der SPD die Chance, Blockaden auf den wichtigsten industriepolitischen Feldern auch zwischen den einzelnen Behörden zu lösen", so Kutsch, der eine "deutliche Ausweitung der Zuständigkeiten der Wirtschaftsbehörde" fordert. Dem künftigen Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) sollen nach Meinung des Industriechefs auch die Themen Infrastruktur, Wissenschaft und Energie unterstellt werden.

"Bei den für Hamburg besonders wichtigen Themen wie Elbvertiefung, Industrieflächenmanagement, Energiepolitik, Innovationsförderung und Fachkräftemangel kann die neue Behörde dann Lösungen aus einem Guss entwickeln und deutlich schneller umsetzen." Das Ressort Arbeitsmarkt sollte dagegen laut Kutsch zur Sozialbehörde wandern, aus dem jetzigen Stadtentwicklungs- und Umweltressort müsse eine reine Umweltbehörde werden. Die Wissenschaftsbehörde könnte durch den neuen Zuschnitt wegfallen. Damit würde es in der Stadt künftig nur noch acht statt neun Senatoren geben.

Im Zentrum der Arbeit des künftigen Senats müsse "die nachhaltige Konsolidierung des Haushalts und eine Politik zugunsten von Wachstum und Beschäftigung stehen", sagte der Vizepräses der Handelskammer, Karl-Joachim Dreyer. "Dazu setzen wir nicht zuletzt auf eine dritte Mittelstandsvereinbarung zwischen Senat, Handels- und Handwerkskammer, die beispielsweise eine bedarfsgerechte Flächenversorgung der kleinen und mittleren Betriebe einschließlich der Schaffung von Technologieparks sichert", so Dreyer. Dringender Handlungsbedarf bestehe zudem bei der Umsetzung der wichtigen Infrastrukturmaßnahmen, "insbesondere bei der Fahrrinnenanpassung der Elbe, dem Bau einer Hafenquerspange und dem Hafenausbau". Die Hafenquerspange soll südlich der Elbe die Autobahnen A1 und A7 verbinden.

Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer, freut sich nach eigenen Worten schon auf die Zusammenarbeit mit Scholz bei der gemeinsamen Entwicklung eines Konzeptes Handwerk 2020. "Sein Versprechen, dies zeitnah und in enger Abstimmung mit uns anzugehen, werden wir beim Wort nehmen. Dies betrifft auch die Realisierung von Handwerker- und Gewerbehöfen." Bei einem gemeinsamen Vorgehen zwischen dem neuen Bürgermeister und der Wirtschaft sollte der Senat sowohl für mehr Wohnungen als auch für bezahlbare Gewerbeflächen sorgen, sagte Katzer. Besonderen Wert legt der Handwerkskammer-Präsident auf die qualitative Weiterentwicklung des Bildungssystems: "Alle Hamburgerinnen und Hamburger sollten einen Berufsabschluss machen können. Denn die Fachkräftesicherung soll - auch im Handwerk - erste Priorität erhalten." Neben einer zügigen Elbvertiefung und dem Hafenausbau fordert auch Uli Wachholtz, Präsident des Verbandes UVNord, "die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, allen voran die längst überfällige Hafenquerspange". Zudem forciert der Verband, der mehr als 30 000 Unternehmen in Hamburg und Schleswig-Holstein vertritt, "die Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen beiden Bundesländern auf allen politischen Themenfeldern. Aus Sicht der Hamburger Arbeitgeber wird es nunmehr darauf ankommen, einen stringenten Kurs der Haushaltskonsolidierung zu betreiben", so Wachholtz.

Auch nach Auffassung des Groß- und Außenhandelsverbands AGA ist die Sanierung des Haushalts die wichtigste Aufgabe. "Ebenfalls dringend sind Investitionen in die Hafen- und Verkehrsinfrastruktur", so AGA-Hauptgeschäftsführer Volker Tschirch. Dazu gehöre der Ausbau der Hinterlandanbindung, nicht zuletzt über die Realisierung der Y-Trasse, einer Eisenbahnneubaustrecke zwischen Hamburg, Bremen und Hannover. Auch die Bildungspolitik steht auf der Prioritätenliste des AGA für den Senat weit oben: "Der Schulfrieden muss dauerhaft sein. Wir brauchen keine neuen Strukturänderungen. Es kommt jetzt darauf an, die Qualität in den Klassenzimmern und an den Schulen zu sichern."

Der Hamburger Einzelhandelsverband fordert von Scholz den Verzicht auf die City-Maut und die Umweltzone. "Außerdem sollte es keine weitere expansive Genehmigung von Einzelhandelsflächen mehr geben", sagte Verbandsgeschäftsführer Ulf Kalkmann. Seine dritte Forderung: "Die Unternehmenssteuerreform muss nachgebessert werden, damit Mieten und Pachten nicht mehr besteuert werden müssen."