Liebe Hamburgerinnen,

liebe Hamburger!

Gestern habt ihr gewählt - meist wahrscheinlich ohne größere Emotionen im Gepäck. Schließlich ist das Wählen bei euch ja auch etwas Normales - seid froh darüber!

Denn woanders sind freie Wahlen alles andere als selbstverständlich. Zum Beispiel in meiner Heimat Kuba. Dort ist das Wählen in mancher Hinsicht anders geartet als in Hamburg: Erstens ist es dort Pflicht und zweitens eine Farce. Auf Kuba nämlich werden die Menschen gezwungen, ihr Kreuzchen bei der einen einzigen vorhandenen Auswahlmöglichkeit zu machen - bei Fidel Castro und seinem Gefolge.

Weil ich das Politikgeschehen aus meiner Heimat folglich völlig anders kenne, habe ich gerade den Wahlkampf der letzten Tage und Wochen sehr gespannt verfolgt und mich über das rege Hin und Her von Meinungen, Zielen und Fakten gefreut. Doch nicht nur diese Offenheit gefällt mir an Hamburg. Auch andere Dinge wie Pünktlich- und Genauigkeit - Dinge also, die landläufig und gerade im Ausland als "typisch deutsche Tugenden" gelten - habe ich in der Hansestadt kennen- und lieben gelernt. Zum erfolgreichen Führen eines Cafés - was ich ja an der Hoheluftchaussee tue - sind derlei Kompetenzen jedenfalls sehr hilfreich.

In Hamburg habe ich mich mittlerweile - nach nunmehr gut 13 Jahren - also bestens eingelebt. Hamburg hat mich sogar glücklich gemacht: Hier bin ich meiner jetzigen Frau begegnet, hier bin ich Vater eines Sohnes geworden. Dabei war mein Start hier oben im Norden alles andere als geglückt: Damals, Ende der 90er-Jahre, landete ich ausgerechnet im Dezember in Hamburg - und von Eis und Schnee, übrigens dem ersten meines Lebens, bekam ich immer wieder Nasenbluten. Na ja, mit der Zeit habe ich mich an den Winter gewöhnt. So wie ans freie Wählen.

Wilber Cruz Topiz , 40, betreibt das Café Don Cuba in Eimsbüttel.