Petra Deimer, 62, Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz für Meeressäugetiere

Hamburger Abendblatt:

1. Die japanische Fangflotte hat den Walfang in der Antarktis abgebrochen. Ist das schon der Walsieg?

Petra Deimer:

Im Moment hat nur das Fabrikschiff abgedreht. Die drei Fangboote sind noch vor Ort, die Jagd könnte womöglich noch einmal aufgenommen werden. Aber selbst wenn sich die gesamte Flotte zurückzieht, wäre dies nur ein Etappensieg. Dann wäre zumindest für diese Saison die Jagd in der südlichen Hemisphäre beendet.

2. Das Land argumentiert, Wale zu Forschungszwecken zu töten. Was halten Sie davon?

Deimer:

Nichts. Alles, was man an toten Tieren untersuchen kann, ist bekannt. Man muss nicht jedes Jahr Magninhalte analysieren, die Wale ändern ihre Ernährungsgewohnheiten nicht so schnell. Dagegen lassen sich wirklich wichtige Erkenntnisse, etwa zum Verhalten und zu den Wanderwegen, nur gewinnen, wenn man die Wale leben lässt.

3. Welche Rolle spielt die als Tradition bezeichnete Waljagd in der modernen japanischen Gesellschaft?

Deimer:

Die älteren Leute halten daran fest. Und die Industrie. Bei den jüngern ist Walfleisch out; die wollen wie ihre Altersgenossen in den westlichen Ländern lieber Fast Food essen - auch keine richtig gute Alternative. Inzwischen wird das Walfleisch, das als teure Delikatesse immer weniger Abnehmer findet, für Schulspeisungen eingesetzt, um den Nachwuchs auf den Geschmack zu bringen. Zudem gibt es auch in Japan inzwischen eine Bewegung von Naturschützern, die fordern, den Walfang einzustellen.

4. Bedroht die Tötung von jährlich um die 900 Zwergwale tatsächlich den Bestand?

Deimer:

Das lässt sich kaum beurteilen. Denn der Bestand der südlichen Zwergwale, mit dem der Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfangkommission rechnet, ist wahrscheinlich zu hoch angesetzt. Doch das ist eigentlich nicht die Frage. Was zählt, ist die Tatsache, dass die Wale in einem Schutzgebiet bejagt werden.

5. Was sind neben der Waljagd die größten Gefahren, denen die Meeressäuger ausgesetzt sind?

Deimer:

Es ist vor allem der Beifang der Fischerei. Es wird geschätzt, dass jährlich um die 250 000 Wale, Tümmler und Delfine in Fischernetzen verenden. Aber auch Schadstoffe, Schiffskollisionen und mittlerweile auch der Klimawandel bedrohen die Tiere. Walfang ist also nur eine von mehreren Bedrohungen. Es ist die einzige, die sofort abzustellen wäre. Walfang ist völlig überflüssig. Kein Mensch braucht Walprodukte, nicht für Kosmetika oder industrielle Zwecke und auch nicht zum Essen.