Hamburg. Ahlhaus oder Scholz? Vor allem auf diese Bürgermeister-Frage scheint sich der Wahlkampf ums Hamburger Rathaus zu fokussieren. Große inhaltliche Auseinandersetzungen wie 2001 über Drogenszene und Kriminalität finden nicht statt, was auch daran liegt, dass vor allem CDU und SPD sehr ähnliche Ziele verfolgen. Doch trotz dieser unbestreitbaren Personalisierung der Politik lohnt sich ein Blick auf die politischen Präferenzen der Parteien und ihrer Protagonisten.

Das Abendblatt hat die Programme der fünf Parteien unter die Lupe genommen, die eine realistische Chance auf den Einzug in die Bürgerschaft haben. In der großen Übersicht auf dieser Doppelseite wird dargestellt, welche Antworten sie auf zehn Kernfragen geben, die die Hamburger bewegen. Was wird dort versprochen und angekündigt? Wo liegen die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten? Welche Antworten werden verweigert?

Überraschend ist zum Beispiel, dass sich die CDU so klar wie keine andere Partei für den Bau der Stadtbahn ausspricht. Während Bürgermeister Christoph Ahlhaus die Planungen sofort nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition gestoppt hatte, weil er Bedenken bezüglich der Kosten und der Trassenführung hatte, ist im CDU-Wahlprogramm von diesen Bedenken keine Rede mehr. Zwecks besserer Anbindung von Stadtteilen wie Steilshoop und Osdorf "wollen wir" eine Stadtbahn, heißt es unmissverständlich.

Eine gewisse Diskrepanz zwischen gesprochenem und gedrucktem Wort gibt es auch bei einem zentralen Vorhaben der SPD: Um die Haushaltsmisere in den Griff zu bekommen, propagiert Spitzenkandidat Olaf Scholz das Prinzip "Pay as you go" des früheren US-Präsidenten Bill Clinton. In jedem Beschluss, der zu einer Mehrausgabe führt, müsse gleichzeitig enthalten sein, wo das Geld an anderer Stelle eingespart werden soll, lautet seine dutzendfach vorgetragene mündliche Version. Im Wahlprogramm der SPD steht aber lediglich, dass gesagt werden müsse, "wie die damit verbundenen Kosten finanziert werden". Das lässt auch die Option offen, Mehrausgaben auf Kredit zu finanzieren - wobei Scholz auf Nachfrage beteuert, so sei das nicht gemeint.

Ungereimtheiten beim Thema Finanzen gibt es auch bei der CDU. Sie hält in ihrem Programm als einzige Partei an der ab 2013 geltenden Hamburger Schuldenbremse fest. Die offizielle Finanzplanung des von ihr geführten Senats sieht im Widerspruch dazu aber vor, 2013 noch 700 Millionen Euro Schulden zu machen.

Unter Wert verkauft sich die CDU hingegen beim Thema Umwelt. Bürgermeister Ahlhaus hat sich vorgenommen, Hamburg durch weitere Neuansiedlungen etwa von Windenergiefirmen zum "Silicon Valley der Umwelttechnologie" zu machen. Ein anspruchsvolles Ziel, das er in jeder Rede skizziert - das aber im CDU-Programm mit keinem Wort erwähnt wird.

Überraschende Gemeinsamkeiten lassen sich ausgerechnet in den Programmen von Linkspartei und FDP entdecken. Dass beide die Videoüberwachung kritisch sehen und sich um Datenschutz und Bürgerrechte sorgen, ist noch erwartbar. Die Linken und die Liberalen sind aber auch die einzigen Parteien, die die komplette Abschaffung der Kitagebühren und die Aufstockung des Kulturetats fordern. Legt man die Umfragewerte und die Koalitionsaussagen der Parteien zugrunde, ist bei beiden aber auch die Wahrscheinlichkeit am geringsten, dass sie in die Verlegenheit kommen, diese Versprechen durchsetzen zu müssen.

Interessant ist auch die Namensgebung. CDU, GAL, FDP und Linke nennen ihr Werk "Wahlprogramm". Die Grünen ("Unser Plan für Hamburg. Deine Stadt") und die Linken ("Für ein soziales Hamburg") haben zusätzlich ein blumiges Motto vergeben. Die Sozialdemokraten sprechen gleich ganz unbescheiden vom "SPD-Regierungsprogramm für Hamburg".