Holm Dressler, 61, ist freier Autor und Regisseur.

1. Hamburger Abendblatt:

Sie haben Thomas Gottschalk während seiner gesamten Fernsehkarriere begleitet. Hat Sie sein Rücktritt als Moderator von "Wetten dass ..?" überrascht?

Holm Dressler:

Ja, am Ende doch. Eigentlich hatte ich kurz nach dem Unfall damit gerechnet, doch als nichts geschah, ging ich davon aus, dass er weitermacht. Ich kann seine Entscheidung aber verstehen. Und ich glaube, dass er es sich nicht leicht gemacht hat. Was mit Samuel Koch passiert ist, hat ihn sehr bewegt. Seine Ansprache habe ich als ehrlich und aufrichtig empfunden.

2. Was wird denn nun aus "Wetten dass ..?", der letzten großen Unterhaltungsshow der Öffentlich-Rechtlichen am späten Sonnabend?

Dressler:

Das fragt man sich beim ZDF ja schon länger, schließlich hatte Thomas immer mal durchscheinen lassen, dass er "Wetten dass ..?" nicht ewig moderieren wolle. Samuel Kochs Unfall hat dann schlagartig alles verändert. Man kann jetzt nicht einfach nur über den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Thomas Gottschalk reden, man muss grundsätzlich über die Zukunft von "Wetten dass ..?" entscheiden. Nein, da beneide ich das ZDF zurzeit nicht.

3. Wen könnten Sie sich als Nachfolger oder Nachfolgerin von Thomas Gottschalk vorstellen?

Dressler:

Tja. Stundenlang habe ich jetzt schon mit Kollegen überlegt, und am Ende sind es immer drei Namen, die bleiben: Jörg Pilawa, Ina Müller und Harald Schmidt. Pilawa, weil ich glaube, dass er weit mehr kann, als Quiz-Shows zu moderieren. Von Ina Müller denke ich, dass sie ein weiblicher Gottschalk wäre - oder schon ist. Sie würde dieser Sendung ihre eigene Färbung geben. Auch bei Harald Schmidt geht es natürlich nicht nur um das Ausfüllen eines vorhandenen Formats. Da steht er drüber. Das wäre eine ganz eigene Show.

4. Sie sind mit Gottschalk 1981 von der ARD zum ZDF gewechselt und gelten als sein Entdecker ...

Dressler:

... ja, aber eine Kunst war das nicht, das konnte jeder spüren, der mit ihm zu tun hatte. Diese erfrischende Art, sein Improvisationstalent, dieser Mutterwitz, die Schlagfertigkeit, das hatte man in der Form noch nicht erlebt. Es gab Moderatoren, die sich von Autoren Texte schreiben ließen, um sie möglichst perfekt in die Kamera zu sprechen. Und dann kam da einer, der sagte: 'Ach, ich weiß noch gar nicht, was ich sagen werde, aber irgendwas fällt mir schon ein.' Diese Fähigkeit war sein größtes Talent. Mit ihr war Gottschalk wie gemacht für "Wetten dass ..?".

5. Am Wochenende ist Peter Alexander gestorben. Ein schwarzes Wochenende für die deutsche Fernsehunterhaltung ...?

Dressler:

Ja, da gab es bessere. Ob nun Rudi Carrell oder Hans-Joachim Kulenkampff, es ist jedes Mal schmerzlich. Und macht einem eben auch deutlich, dass da kaum jemand nachkommt, der die Lücken füllen kann.