1.700 Polizisten mussten Zusammenstöße der 50 NPD-Sympathisanten mit 600 Gegendemonstranten verhindern. Fünf Festnahmen.

Neustadt. Nachdem schon die Kundgebung in Harburg vor zwei Wochen als Pleite gewertet werden musste, weil sie faktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, sollte der Aufmarsch der NPD am Sonnabend wenigstens Strahlkraft erhalten. Doch auch dieses Ziel verfehlte der Neonazi Thomas Wulff mit seinen 50 Anhängern am Gänsemarkt. Von 1700 Polizisten abgeriegelt und unter Pfiffen und "Nazis raus"-Rufen von etwa 100 Gegendemonstranten, die es bis zur Absperrung geschafft hatten, ging auch dieser Auftritt in der Hamburger Innenstadt nach hinten los.

Mehrere Hundert Protestler hatten sich ihren Kundgebungsort an der nahe gelegenen Kreuzung Neuer Jungfernstieg/Jungfernstieg zunächst vor dem Verwaltungsgericht und anschließend vor dem Oberverwaltungsgericht erstritten. Die Polizei hatte vergeblich versucht, das Hamburger Bündnis gegen Rechts, ein Zusammenschluss von verschiedenen politischen Gruppen und Personen, aus Sicherheitsgründen am weiter weg gelegenen Johannes-Brahms-Platz demonstrieren zu lassen.

Abgeschirmt von einem massiven Polizeiaufgebot mit Wasserwerfern, aber immerhin in Hörweite, protestierten etwa 500 Menschen. Ein paar der Protestler, die es bis an die Absperrung zum Gänsemarkt geschafft hatten, hielten eine Israel-Fahne hoch. "Wir haben mit unserem Bündnis gegen Rechts ein erfolgreiches Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Neofaschismus in der Hamburger Innenstadt gesetzt. Viele Menschen haben Zivilcourage in Hamburg gezeigt und sich der rassistischen Hetze der neonazistischen NPD auf dem Gänsemarkt entgegengestellt", sagte Bela Rogalla, der die Gegenkundgebung organisiert hatte, nach dem Ende der Veranstaltung.

Während Wulff und mehrere seiner Gesinnungsgenossen unter dem Lärm der Protestler ihre Reden schwangen, kam das Geschäftsleben am Gänsemarkt nahezu komplett zum Erliegen. Lediglich in den Cafés und Bäckereien, in denen sich frierende Protestler und Touristen aufwärmten, wurde ein wenig Umsatz gemacht. "Eigentlich kann ich für die Zeit der Kundgebung meinen Laden zumachen", klagte der Verkäufer in einem Tabakladen. Immer wieder würden Veranstaltungen verschiedenster Organisationen ausgerechnet auf dem Gänsemarkt stattfinden. Während dort die Umsätze einbrächen, würde an der Mönckebergstraße weiter Geld gemacht. "Die Geschäfte dort haben unsere Probleme nicht."

In einem Fachgeschäft für Koffer und Taschen, das wenige Schritte entfernt liegt, ist bis auf die drei Verkäuferinnen niemand zu sehen. "Wir nutzen die Zeit für intensive Frauengespräche", sagt eine von ihnen. "Was bleibt uns anderes übrig." Auch der Verkehr in der Innenstadt musste komplett umgeleitet werden. Nicht nur Autofahrer umfuhren die City weiträumig. Auch die Busfahrer nahmen andere Routen.

Eigentlich war die NPD-Kundgebung von 11 bis 15 Uhr angemeldet. Eine halbe Stunde vorher ging sie dann doch zu Ende. Während der Protest der 600 Gegendemonstranten friedlich blieb, kam es am Hauptbahnhof-Nord dann doch noch auf ein von der Polizei befürchtetes Aufeinandertreffen von Rechten und Linken. Gruppen von jeweils 20 von ihnen gerieten aneinander. Beamte der Bundespolizei beendeten die Schlägerei und nahmen fünf Personen fest.

Eine weitere NPD-Kundgebung ist in naher Zukunft nicht zu erwarten. Der Aufmarsch am Gänsemarkt war die angekündigte Abschluss-Kundgebung zur Bürgerschaftswahl.