Hofagao Kaia aus Lae (Papua-Neuguinea)

Liebe Hamburgerinnen,

liebe Hamburger!

"Du bist ja schon 'ne echte Deutsche!" Diesen Satz muss ich mir in meinem Heimatland Papua-Neuguinea - einem Inselstaat nördlich Australiens - oft anhören. Und wisst ihr, warum? Weil ich bei Spaziergängen immer ein paar Schritte schneller unterwegs bin als meine Begleiter. Denn Gemächlichkeit, liebe Hamburger, das ist nun wahrlich nicht eure typischste Eigenschaft.

Euer ständiges Schielen auf die Uhr, das habe ich mittlerweile, nach einigen mehrjährigen Aufenthalten bei euch seit 1992, arg verinnerlicht. Und das, obwohl ich aus einem Land komme, in dem die meisten Menschen überhaupt keine Uhr besitzen. Wie in Deutschland hat auch in Papua-Neuguinea alles seine Zeit - allerdings bestimmt bei uns der Mensch über den Zeiger und nicht andersherum. Klar, in Port Moresby verspätet man sich deshalb zu einer Verabredung sicher öfter als in Poppenbüttel. Dafür wird aber die Verabredung auch nicht - etwa wegen eines anderen Termins - eher beendet als nötig. Es gilt eben der Grundsatz, dass Zeit nicht wichtig ist und dass man ihrer für das, was man gerade tut, immer genug hat.

Die Kehrseite dieser Gemächlichkeit ist die mangelnde Verlässlichkeit. So fahren die Busse in Lae stets so, wie sie gerade lustig sind - jedenfalls frühestens dann, wenn auch Passagiere drin sitzen. Mit dieser Kenntnis in Othmarschen, meinem aktuellen Zuhause, in die Linie 15 einzusteigen, das ist schon etwas skurril - denn die 15 verkehrt im regelmäßigen Takt, auch leer, die könnte wahrscheinlich erst der Weltuntergang zum Stehen bringen.

In welchen Momenten ich mich in meine Heimat zurücksehne? Immer dann, wenn ich irgendwo Labskaus aufgetischt bekomme. Ehrlich: Dieses "Essen" lässt mich an Hamburg zweifeln.

Hofagao Kaia, 43, ist ökumenische Mitarbeiterin des Nordelbischen Zentrums für Weltmission und kirchlichen Weltdienst der evangelisch-lutherischen Kirche. Aufgezeichnet von Christopher Beschnitt