Frank-Walter Steinmeier hat Karl-Theodor zu Guttenberg bei den Bundeswehr-Affären kritisiert. Nicht zum ersten Mal geraten zwei gegensätzliche Politiker aneinander.

Heilsbringer mögen keine Fachausschüsse. Deshalb rückte der Mittwochvormittag vergangener Woche die Universen von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) wieder einige Lichtjahre näher zueinander. Verteidigungsminister zu Guttenberg wurde im Sitzungssaal 2700 im Paul-Löbe-Haus in Berlin von Fachpolitikern zu den Affären in der Bundeswehr befragt - von den Ritualen auf der "Gorch Fock" bis zur geöffneten Feldpost.

Es war ein unangenehmer Termin für den nicht einmal 40 Jahre alten Minister, der einen einmaligen Aufstieg in der Geschichte der Bundesrepublik hingelegt hat. Der charismatische Politstar musste im Ausschuss Entscheidungen begründen, Fehler eingestehen, Informationsabläufe rechtfertigen. Die Regeln des Parlamentarismus versprühen manchmal wenig Glanz.

Dass der adelige zu Guttenberg scheinbar autonom vom politischen Alltag agiert, mögen die Menschen an ihm. Der 55 Jahre alte Steinmeier aber holte ihn diese Woche ein Stück in die Berliner Sphären zurück. Guttenberg müsse "Manns genug" sein, seine Fehler als solche einzugestehen. Der Minister reagierte prompt und warf dem SPD-Fraktionschef vor, er halte sich "offenbar selbst für fehlerlos".

Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden aneinandergeraten. Erstmals griff Guttenberg 2008 den damaligen Außenminister Steinmeier im Streit um die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen an. Als Steinmeier in der Opel-Krise 2009 auf staatliche Hilfen drängte, stand ihm Guttenberg als Wirtschaftsminister mit seiner Idee der geordneten Insolvenz diametral entgegen. Wieder gab es Ärger.

Doch nicht nur inhaltlich, sondern vor allem in ihrem Wesen und ihrem Stil sind die beiden Politiker fast schon zu Antipoden geworden. Mit den Lebensläufen von Steinmeier und Guttenberg haben sich zwei Typen in die Politik eingeschrieben, die unterschiedlicher kaum sein können: der vernunftvolle, fast spröde wirkende Sachpolitiker und der adelige Charismatiker. Beides hat heute Erfolg. Beide sind so beliebt wie nur wenige Politiker in Deutschland.

Steinmeiers politischer Aufstieg beginnt 1993 im Büro des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. Später verwaltet der Jurist als Leiter der Staatskanzlei Schröders Macht. Zehn Jahre fungiert Steinmeier als ruhiger Manager im Hintergrund der Berliner Republik, bis er im Jahr 2005 Außenminister und Vizekanzler wird.

Karl-Theodor zu Guttenberg war gerade 100 Tage Generalsekretär der CSU, da wurde er Wirtschaftsminister. Mit dem adligen Freiherrn wurde das Gegenbild des Polit-Normalos gezeichnet. Guttenberg widersetzt sich der Schwerkraft der Politik - und bricht manchmal auch bewusste deren Regeln, als er als Erster von Krieg im Zusammenhang mit Afghanistan spricht. Guttenberg greift gerne durch.

Steinmeier ist ruhig, fast gemütlich. Seine Mitarbeiter lädt er in sein Landhaus in Brandenburg ein. Er grillt Würstchen, es gibt Kartoffelsalat. Glamourfaktor gleich null. Doch auch er hat das Spiel mit den Medien gelernt. Als der SPD-Politiker im August seiner Ehefrau eine Niere spendet, meistert er die schwierige Aufgabe eines modernen Politikers: Er macht das Private öffentlich. Und er gab den Menschen die Zutaten für eine rührende Geschichte. Steinmeier bewies nicht nur Sachkenntnis, sondern auch menschliche Stärke. Er zeigte Charisma. Doch dabei verlor er nie die Bodenhaftung, sondern blieb seiner zurückhaltenden Art treu: Niemand bekam ein Foto des Ehepaars aus dem Krankenhaus.

Von den Guttenbergs gibt es zahlreiche Fotos. Ehefrau Stephanie tritt sogar im Fernsehen auf. Nachhilfe in Sachen Medienarbeit braucht der CSU-Mann nicht. Er muss sich bewähren im Alltag seines Ressorts, mit Paragrafenwissen punkten und die Bundeswehr erfolgreich reformieren. Das ist zäh und wenig glamourös. Doch selbst aus den aktuellen Affären kann er gestärkt hervorgehen, wenn er die Abgeordneten transparent informiert. Lernen ihn die Menschen auch als Fachmann kennen, ist Guttenberg einer der aussichtsreichsten Politiker seiner Zeit.

Das gilt auch für Steinmeier. Wie Guttenberg hat auch er das Kanzleramt im Visier. Beide sind in Lauerstellung. Der Schlagabtausch dieser Woche wird nicht ihr letzter sein.