Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Die Karriere des Radsport-Wunderkindes Alberto Contador war nie über jeden Zweifel erhaben. Dass es der Spanier dennoch zu drei Tour-de-France-Siegen bringen konnte, ist neben schnellen Beinen auch der klaren Doktrin seiner Sportfunktionäre geschuldet: Unsere Helden sind Heilige. Ein Schutzschirm soll die Unberührbaren vor Ungemach bewahren. Nicht vor eigenen Missetaten wohlgemerkt, sondern vor bösen Anschuldigungen missliebiger Nörgler und Neider. Der Dopingsumpf wird nicht trockengelegt, sondern nur zugedeckt.

Nun droht Contador ein Tour-Erfolg abhandenzukommen. Weil im Urin des Gipfelstürmers während der jüngsten Frankreich-Rundfahrt Spuren des Kälbermastmittels Clenbuterol gefunden worden waren, kam selbst der spanische Radsport-Verband nicht an einem Urteilsspruch vorbei. Aber das verblüffte dann doch. Nicht die üblichen zwei Jahre, sondern nur zwölf Monate soll Contador aus dem Rundfahrtverkehr gezogen werden. Die skurrile Erklärung: Es sei nicht zu beweisen, wie die fremde Substanz in den Körper gelangt war. Eine Aussage, die noch keinem Sportbetrüger abgenommen worden ist, es sei denn, er hatte wirklich belastbare Argumente. Die rührende Geschichte vom verseuchten Fleisch aber wollte niemand einem Mann glauben, dessen Initialen A.C. auf einer Liste des Doping-Facharztes Eufemiano Fuentes standen.

Contador hat bereits angekündigt, dass er vor den internationalen Sportgerichtshof ziehen werde. Dort sollte der Spanier, der einen Freispruch erster Klasse will, die obersten Dopingbekämpfer der Wada treffen. Deren Ziel ist ebenso klar: Höchststrafe.