Eine Glosse von Alexander Josefowicz

Toilettensprüche sind wahrscheinlich so alt wie die Errungenschaft eines speziellen Raums zur Verrichtung menschlicher Bedürfnisse. Und trotz dieser mehrtausendjährigen Tradition findet man ab und an immer noch rhetorische Perlen zwischen mehr oder minder eindeutigen Angeboten und Schmierereien.

"Unsere Nächte sind besser als eure Tage!" steht über den Urinalen meiner Lieblingskneipe. Jedes Mal, wenn ich den Spruch lese, muss ich grinsen. Schließlich zähle ich ja zu den "uns", nicht zu den "euch" und freue mich darüber. Doch seit Jahren stelle ich mir stets dieselben Fragen: Wen spricht der unbekannte Autor an? Und erreicht die Botschaft den Adressaten überhaupt? Schließlich gehört das Etablissement meiner Wahl zur Kategorie der angenehm angeranzten Läden, in denen die Musik laut ist, das Bier aus Flaschen kommt und der Feierabend stets in weiter Ferne liegt.

Vor mich hingrübelnd wasche ich die Hände, verlasse die sanitären Anlagen und kollidiere beinahe mit der Antwort auf meine Fragen: Ein Grüppchen Menschen steht zwischen lauter tätowierten und/oder bärtigen Menschen herum und sieht arg verloren aus: teure Markenklamotten, perfekt gebräunte Haut und eine Frage, die wie in drei Meter hohen Neonlettern über den Köpfen schwebt: "Wie sind wir denn hier gelandet?"

Ich schiebe mich am deplatzierten Trio vorbei und ordere noch ein Bier: Das habe ich mir verdient, schließlich habe ich gerade ein Rätsel gelöst.