Dr. Joseph McIntyre aus Newcastle-on-Tyne (England)

Liebe Hamburgerinnen,

liebe Hamburger!

Für die Menschen, mit denen ich mich von Berufs wegen besonders intensiv beschäftige - nämlich den Afrikanern -, ist Hamburg die wichtigste deutsche Stadt. Gut 10 000 Afrikaner leben in Hamburg - vor allem, weil die Hansestadt mit ihrem großen Hafen geistige wie infrastrukturelle Offenheit bietet, und natürlich Arbeit. Ich selbst bin dereinst auch wegen der Arbeit nach Hamburg gekommen - und hier nach nunmehr 33 Jahren sehr heimisch geworden.

So heimisch, dass ich beim Fußball auch den hiesigen Mannschaften (der Raute allerdings etwas mehr als dem Totenkopf) die Daumen drücke. Eine Woche ist für mich jedenfalls dann gelungen, wenn sie mit neun Punkten endet - jeweils drei für Newcastle United, den HSV und St. Pauli.

Dadurch, dass ich schon so lange in Deutschland lebe, hat sich natürlich auch mein Verhältnis zu meiner Heimat verändert. So fühle ich mich seit meiner Ankunft in Hamburg bis heute jedes Mal betroffen, wenn ich hier in der Hansestadt an einem Gebäude diese Inschriften mit Zerstörungs- und Wiederaufbau-Datum entdecke. "Das waren wir", denke ich mir dann. Und dass wir in England noch viel zu wenig begriffen haben, dass es im Krieg auch in unserem Volk nicht nur Helden gegeben hat.

Ob mir in Hamburg etwas fehlt? Manchmal ein bisschen Leichtigkeit. Ich habe mal eine Zeit lang in Köln gearbeitet - das war vom zwischenmenschlichen Flair her wirklich klasse! Nun verlange ich von euch Hanseaten ja gar nicht, dass ihr plötzlich Karneval feiern sollt. Aber redet doch zum Beispiel mal im Bus und in der Bahn und lacht, ruhig auch laut. Aber bitte nicht zum x-ten Mal über den ach so lustigen Satz "1966 in Wembley, das war ja gar kein echtes Tor" - denn der nervt mittlerweile wirklich ...

Dr. Joseph McIntyre, 64, lehrt am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg.