Die Deelbögebrücke im Stadtteil Alsterdorf ist seit gut einem Jahr zum Teil gesperrt. Der Neubau beginnt aber frühestens Mitte des Jahres.

Alsterdorf. Nur ein Bauarbeiter steht mit seiner Schaufel auf der Deelbögebrücke. Gebaut wird hier aber nicht, denn die arbeitende Figur ist lediglich auf einem Bausstellenschild zu sehen. Echte Bauarbeiter gibt es nicht. Trotzdem sind zwei der sechs Spuren der Hauptverkehrsstraße gesperrt.

Verantwortlich hierfür ist die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. "Die Brücke ist einfach fällig für einen Neubau", sagt deren Sprecherin Helma Krstanoski. Durch schädliche Gesteinskörnungen im Beton sei es zu einer chemischen Reaktion gekommen, die zu Rissen im Beton geführt habe - umgangssprachlich Bröckelbeton oder Betonkrebs genannt.

Der Schaden an der Deelbögebrücke wurde bereits vor gut einem Jahr im Rahmen einer üblichen Bauwerksprüfung festgestellt. Als erste Reaktion wurde ein Teil der Straße gesperrt, um die marode Brücke zu entlasten. Denn weniger Autos zeitgleich auf der Brücke bedeuten auch eine geringere Last, die auf das instabile Gefüge drückt. Zudem wurden acht Betontürme als Notabstützung unter der Brücke errichtet, um diese aufzufangen, sollte sie doch absacken.

Bleibt allerdings die Frage, warum an der Brücke, die schon lange als unzureichend sicher gilt, nicht bereits gearbeitet wird. "Das Geld für so etwas muss ja immer erst einmal bei der Finanzbehörde eingefordert werden", sagt Behördensprecherin Krstanoski. In diesem Fall sei das sehr leicht gewesen, da bei einer maroden Brücke klar sei, dass die Investition wirklich sein muss. Die enorm lange Zeitspanne zwischen dem Erkennen des Problems und dessen Beseitigung erklärt die Sprecherin mit der Bearbeitungszeit, die ein Haushalt nun mal brauche.

Die Behörde habe aber bereits parallel zum Finanzierungsverfahren mit der Planung der Baumaßnahme begonnen, sodass diese möglicherweise Mitte dieses Jahres beginnen kann. Einen verbindlichen Termin für den Baubeginn gibt es aber nicht.

Für die Autofahrer heißt die anstehende Baumaßnahme auch, dass Stau und zäher Verkehr an dieser Stelle noch für lange Zeit nicht vorbei sind. Schließlich muss unter laufendem Verkehr eine neue Brücke errichtet werden.

Auch bei den Anwohnern sorgt die Situation für Unmut. "Ich wohne hier seit Oktober und kenne die Straße nur gesperrt", sagt Ismael Khater, 28. Ihm bleibe aber nichts anderes übrig, als den Zustand hinzunehmen. Evelyn Arspe, 60, reagiert wütend auf die Information, dass die Dauerbaustelle noch lange Zeit bestehen bleiben wird. "Das ist doch eine Frechheit", sagt sie.

Schuld an der maroden Brücke ist letztlich - die Eiszeit. In dem aus dem baltischen und skandinavischen Raum kommenden Gletschereis waren neben Wasser auch verschiedene andere Materialen enthalten wie beispielsweise Feuerstein oder Opalsandstein. Diese beiden Gesteinsarten enthalten "alkalilösliche Kieselsäuren". Die blieben nach der Eiszeit im Boden zurück. "Deren überdurchschnittlich hoher Anteil ist eine geologische Besonderheit Norddeutschlands", sagt Professor Dr. Reza Khorasani von der HafenCity-Universität Hamburg, der sich auf Baustofftechnologie spezialisiert hat.

Wenn also im Norden Kies gefördert wird, enthält dieser immer auch eine große Menge an Feuerstein und Opalsandstein. Wenn dieser nun mit Alkalien des Zements im Beton vermengt wird, kann es zu einer treibenden Alkalireaktion kommen. Allerdings wird diese erst ausgelöst, wenn Wasser hinzukommt. "Natürlich kommt es bei Brücken, die ständig leicht in Schwingung sind, schneller zu kleinen Rissen, durch die das Wasser eindringen kann", sagt Prof. Dr. Khorasani.

Auch an anderen Stellen tritt das Problem auf. Etwa auf Autobahnen oder bei Bahn-Schwellen, wie 2009 bei der Strecke zwischen Hamburg und Berlin. Um das Bröckeln zu stoppen, gibt es seit 1974 verbindliche Richtlinien, die festlegen, wie viel der schädlichen Gesteinsarten in Baubeton enthalten sein dürfen.