Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Ein Berliner Anwaltsbüro fordert im Auftrag einer weit verstreuten, fast 40 Personen umfassenden Erbengemeinschaft Schadensersatz von der Stadt Hamburg. Dabei hat Hamburg für das prächtige Budge-Palais, das früher in jüdischem Besitz war und heute die Musikhochschule beherbergt, sogar schon zweimal gezahlt. Geht es hier also um geschäftstüchtige Anwälte und Erben, die aus der NS-Geschichte zulasten der Allgemeinheit einen persönlichen Vorteil ziehen wollen?

Tatsache ist, dass die Nationalsozialisten den letzten Willen der schwerreichen Jüdin Emma Budge grob missachtet haben. Die Stadt kaufte 1937 die Villa zum Schnäppchenpreis, zahlte das Geld zudem an einen willfährigen Testamentsvollstrecker, während die Erben nichts davon sahen. Wirklich empörend ist, dass die Stadt 1952 auch die "Wiedergutmachung" ausgerechnet über den schon 1937 von den NS-Behörden eingesetzten Nachlassverwalter abwickelte. Da wundert es nicht, dass die Erben wiederum leer ausgingen.

Dass die Finanzbehörde den damals unter äußerst fragwürdigen Bedingungen getroffenen Vergleich bis heute für gültig hält, ist irritierend. Die Anwälte der Erben haben erklärt, dass sie an einer konstruktiven Lösung interessiert sind. Dem sollte sich die Finanzbehörde nicht verschließen - nicht nur aus juristischen Gründen. Sondern auch aus Verantwortung vor der Geschichte dieser Stadt.