Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Weiter entfernt hätte der Ort des Abschieds von der internationalen Bühne nicht sein können. Lance Armstrong zelebriert seine diesmal wohl wirklich letzte Runde am anderen Ende der Welt in Australien. Der 39-jährige Amerikaner gehört zu den ganz Großen des Straßenradsports. In vielerlei Hinsicht.

Armstrong sagt selbst, er habe seine Sportart revolutioniert. Mit Recht. Nie hat jemand das Peloton so dominiert wie der Texaner. Niemand bastelte sich so geschickt ein Team zusammen, das ihn über jeden Berg trug. Niemand hat je so viel Schrecken im Feld verbreitet, nicht einmal der große Eddy Merckx. Niemand hat das Training mit Unterstützung der Wissenschaft so professionell aufgebaut. Und niemand erzählte eine so wunderbare Geschichte wie die des krebskranken Sportlers, der erst den Kampf mit dem Tod und anschließend siebenmal die Tour de France gewann, der eine Stiftung gründete und sich das Wohlwollen mal mit einer Spende beim Weltverband UCI, mal mit einer Gabe für die Flutopfer in Australien sicherte. Ideale Voraussetzungen für einen Politiker, der Armstrong nach dem Ende seiner Karriere gern wäre.

Doch ob es dazu kommt, ist fraglich. Denn das Denkmal bröckelt. Ein amerikanischer Ermittler ohne Scheu vor großen Namen, der schon Sprinterin Marion Jones und Baseballstar Barry Bonds überführte, ist dabei, den Dopingsumpf trockenzulegen. Und dabei taucht immer wieder der Name Armstrong auf. Auch auf diesem Gebiet soll der Amerikaner Maßstäbe gesetzt haben. Der Außerirdische könnte ganz schnell ein einfacher menschlicher Sünder werden.