Der Bundesgesundheitsminister besucht zum Wahlkampf in Altona Marie, das Baby aus dem Koffer

Altona. Er hat Autogrammkarten mitgebracht und warme Worte. "Du hast hier die besten Ärzte Deutschlands", sagt der Bundesgesundheitsminister. Das Kind ist sechs Jahre alt und lächelt, so wie es eben geht: Schrauben stecken in seinem Kopf, eine Schnur hält ihn nach oben. Verkrümmte Wirbelsäule. "Eigentlich bist du der Fachmann", sagt Philipp Rösler.

Wahlkampf im Kinderkrankenhaus. Dieser Termin ist kein Zufall, auch wenn der Bundesminister vorgibt, "sich an Ort und Stelle" über die Situation des Gesundheitssystems informieren zu wollen. Hier liegt auch das Findelkind Marie, das im Koffer ausgesetzt wurde und bundesweit Schlagzeilen machte. Der gebürtige Vietnamese Rösler wurde ebenfalls adoptiert, das passt. Die FDP vereinbarte den Termin, nachdem Marie gefunden wurde, bestätigte das Krankenhaus. Auch Hamburgs Spitzenkandidatin Katja Suding läuft strahlend nebenher. Während die FDP bundesweit in Umfragen abstürzte, erhalten die Elbliberalen reichlich Schützenhilfe aus Berlin, um nach sieben Jahren in die Bürgerschaft zurückzukehren.

Marie habe ihn an sein eigenes Schicksal erinnert, sagt Rösler. Er selbst sei als Kriegswaise mit einem Hubschrauber gerettet worden. Den Säugling besucht er aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Rösler appellierte an Mütter in Not, Babyklappen oder die Möglichkeit der anonymen Geburt zu nutzen. "Ein Kind im Winter auszusetzen ist sicherlich nicht gut." Laut Ärzten ist das Mädchen wohlauf und kommt in wenigen Tagen in seine neue Familie. Um Gesundheitspolitik geht es auch noch. Begrüßt wird der Minister von einem Text im Foyer: "Ich habe einen Traum: Das Kinderkrankenhaus bleibt ein Ort, an dem Menschen gerne arbeiten!" So beklagen sich Ärzte, dass ihr Krankenhaus zwar offensichtlich gut sei und immer mehr Patienten anziehe. "Davon kriegen wir aber nur 70 Prozent vergütet", sagt Frank Riedel, ärztlicher Direktor. "Wir fühlen uns ausgepresst." Allerdings setze sich Rösler sehr für die Kindermedizin ein, sagt der Arzt. Ein Lob, das ehrlich klingt, zumal das Personal den FDP-Politiker offensichtlich auch deshalb ernst nimmt, weil er gelernter Arzt ist. Ein Arzt allerdings, der sich in Berlin überlegen muss, wie ein 170-Milliarden-Euro-System zu reformieren ist.

Und so genießt Rösler seinen Ausflug. Wie ein Doktor auf Stippvisite schaut er sich Tomografien von Gehirnen an und wünscht allseits gute Besserung. Nebenher läuft Jörg Debatin, Direktor der Uniklinik Eppendorf, lobt das Krankenhaus als "Perle" und sagt Sätze wie: "Klar, die Eltern legen hier für Extraleistungen auch was obendrauf, das ist kein Thema."

Freundlich wirkt dieses Krankenhaus, mit hellen Wänden und großen Zimmern. "Bist du das erste Mal im Fernsehen?", fragt Rösler ein Mädchen, als er mit einem Pulk von Kameraleuten vor ihrem Bett steht. Und er betrachtet den Helikopter eines Jungen, sagt, "so was gab es in meiner Zeit noch nicht" und "ich bin ein bisschen neidisch".

Und dann ruft doch ein Arzt dazwischen: "Herr Rösler, wir haben auch ein Bett für Sie."