Claudia Sewig stellt jede Woche Hagenbecks Tiere vor.

Stellingen. Seit Anfang Dezember haben die Impalas Hausarrest. Alles zu ihrem Besten, erklärt Thomas Günther: "Bei Eis und Schnee ist die Gefahr für die Antilopen, sich die Beine zu brechen, viel zu groß." Dass der Reviertierpfleger in Hagenbecks Tierpark die Gruppe der zarten Tiere selbst nach dem Abtauen des Freigeheges im Stall lässt, hängt mit den weiterhin eisigen (Nacht)temperaturen zusammen: "Wir haben vier neue Tiere in der Herde, die das Gehege und das abendliche Reinkommen noch nicht so gut kennen. Ich kann es nicht riskieren, dass ein Tier abends nicht in den Stall kommen will und die Nacht draußen verbringen müsste", sagt Günther. Die Impalas tragen es mit Fassung, auch wenn alle langsam nervös werden. Besonders Khalfani - der Macho im Antilopen-Haus.

Der am 16. Dezember 2008 im hessischen Opel-Zoo geborene Impala-Bock kam als junges Männchen Anfang 2010 nach Hamburg. "Eigentlich ist er ein ganz Lieber und auch sehr umgänglich mit seinen Damen", sagt Günther. "Na ja, jedenfalls so lange, bis er das typische Impala-Bock-Verhalten zeigt und den Macho rauskehrt", ergänzt der Tierpfleger und lacht. Das sieht dann so aus: Bei einer möglichen Gefahr schickt Khalfani sicherheitshalber immer eines seiner Weibchen vor, indem er ihr mit den Hörnern in den Allerwertesten pikst, verrät Günther. "Er ist auch nie der Erste, der ins Haus geht, dass muss auch immer erst ein Weibchen tun - vielleicht halten sich die Impala-Männer deshalb so viele Frauen ..."

Impalas, auch Schwarzfersenantilopen genannt, sind mit einer Schulterhöhe von 90 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 65 Kilogramm (Männchen) eine mittelgroße Antilopenart. Die rehbraunen Tiere mit den helleren Flanken, der weißen Brust und Kehle und den schwarzen Fersen sind über mehrere afrikanische Länder verbreitet: von Kenia und Uganda über Tansania, Sambia, Mosambik, Simbabwe und Botswana bis ins nordöstliche Südafrika; außerdem lebt eine isolierte Population im Grenzgebiet von Angola und Namibia.

Bis zu 100 Weibchen mit ihren Jungen werden in der Fortpflanzungszeit von einem Impala-Bock bewacht. Dabei kommt es in der Savanne zu eindrucksvollen Aufführungen, wenn die Männchen vor der Herde auf und ab marschieren, ihre bis zu 90 Zentimeter langen Hörner präsentieren, die Ohren zurücklegen und den Schwanz heben. Kommt ein Konkurrent in Sicht, wird das Verhalten noch offensiver: Dann gähnt der Bock doch tatsächlich und lässt die Zunge herausschnellen. Wie bedrohlich! Selbst wenn die Rivalen sich schließlich Kopf an Kopf gegenüberstehen und schieben, kommt es dabei fast nie zu Verletzungen. Imponieren ist alles.

Schaukampf mit dem Kudu-Mann, Futter klauen bei den Giraffen

Auch Khalfani hat dieses Verhalten schon bestens drauf. "Mangels eines adäquaten Konkurrenten hat er sich immer spielerisch mit dem Kudu-Mann behakelt", sagt Günther. Neben Rothschild-Giraffen und Großen Kudus teilen die Impalas ihre Afrika-Anlage noch mit einem Pärchen Hornraben, Nilgänsen und Marabus. Zu Interaktionen kommt es höchstens noch beim Fressen: "Da mischt sich Khalfani immer unter die Giraffen und wartet, was aus ihren hohen Körben für ihn herunterfällt", sagt Günther.

Da Impalas als vorsichtig und schreckhaft gelten, tun Günther und seine Kollegen alles, um die Tiere nicht zu verschrecken. "Mittlerweile können wir aber bei ihnen im Stall sauber machen, selbst wenn sie noch im Haus sind", sagt der Tierpfleger. Für eine panische Antilope wäre der Wassergraben des Geheges übrigens keine Barriere, sagt Günther: "Impalas können bis zu neun Meter weit und drei Meter hoch springen." Eigentlich seien die Zäune und Gräben ja auch nicht zum Schutz der Menschen vor den Tieren da, sondern eher, um die Tiere vor den Menschen zu schützen ...

In Hamburg scheint das zu klappen: Khalfani fühlt sich jedenfalls sicher. So sicher, dass die Tierpfleger hoffen, dass bereits einige Weibchen von ihm tragend sind und es in diesem Jahr Nachwuchs bei den Impalas gibt. Bliebe nur noch eine Sache für den jungen Bock zu klären, damit seine Macho-Welt in Ordnung ist: "Noch hat das älteste Weibchen, Sharifa, als Leitkuh das Sagen", verrät Günther.

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