Ist Jungsein schon alles? Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Christian Lindner (FDP) haben in ihren Parteien Blitzkarrieren hingelegt. Die Alten sind nicht amüsiert

Der eine kann seine Familiengeschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen, der andere hat bislang nur eine Allerweltsbiografie vorzuweisen: geboren in Wuppertal, Pfadfinder in Wermelskirchen, Studium in Bonn. Welten scheinen zwischen dem Aristokraten Karl-Theodor zu Guttenberg und dem Lehrersohn Christian Lindner zu liegen, und doch haben die beiden Männer etwas gemeinsam: ihren politischen Ehrgeiz. Mit dem Unterschied, dass Guttenberg, der schon weiß, dass sich die Luft weiter oben angenehmer anfühlt, seine Ambitionen eleganter zu kaschieren weiß.

Guttenberg und Lindner sind 2010 zu den Hoffnungsträgern ihrer Parteien avanciert. Der Summa-cum-laude-Jurist Guttenberg, der 1999 in die CSU eintrat und 2002 erstmals in den Deutschen Bundestag einzog, ist die populärste Figur am Kabinettstisch von Angela Merkel; der Politologe Lindner, der sich als 14-Jähriger den Liberalen anschloss und den Spitznamen "Bambi" einhandelte, als er mit 21 erstmals in den Düsseldorfer Landtag einzog, wurde im Dezember 2009 über Nacht FDP-Generalsekretär.

Atemberaubend waren diese Aufstiege. Möglich waren sie, weil kleine Parteien wie die CSU und die FDP durchlässiger sind als die großen Volksparteien, die es lieber sehen, wenn Führungskräfte die berühmte Ochsentour hinter sich gebracht haben. Andererseits zeigen diese Blitzkarrieren, wie ausgedünnt die Personaldecke in beiden Parteien gewesen sein muss. Inzwischen werden "KT" und Lindner ja bereits als Nachfolger für Horst Seehofer und Guido Westerwelle gehandelt. Sehr zum Unmut der beiden amtierenden Parteivorsitzenden, die sich - das ist ein ungeschriebenes Gesetz in der Politik - ihre Verstimmung nicht anmerken lassen dürfen.

Von Guttenberg heißt es sogar, er habe das Zeug zum Bundeskanzler. Seit Monaten ist er in allen Umfragen Deutschlands beliebtester Politiker. Das Magazin "Focus" rief den Bundesverteidigungsminister zum "Mann des Jahres" aus, und am 19. Februar darf er in Aachen den Orden "Wider den tierischen Ernst" entgegennehmen. Eine Ehrung, die Politikern normalerweise erst nach Jahrzehnten zuteil wird.

Mittlerweile scheint es auszureichen, jung zu sein - Guttenberg ist 40, Lindner seit gestern 32 -, über ein angenehmes Äußeres, gute Manieren und eine unverkrampfte Art zu verfügen. Kein Wunder, dass die Alten nicht amüsiert sind. Seehofer hat gerade frostig wissen lassen, dass er im Herbst selbstverständlich erneut für den CSU-Vorsitz kandidieren wird. Und den 65-jährigen Rainer Brüderle, der als Bundeswirtschaftsminister gerade seinen zweiten Frühling erlebt und dem starke Ambitionen auf die Westerwelle-Nachfolge nachgesagt werden, soll es intern zu der hässlichen Bemerkung hingerissen haben, Lindner sei ein Spinner.

Guttenberg und Lindner selbst halten ihre Bälle flach. "Die Dinge ändern sich immer wieder, und deswegen sollte man darauf nichts geben", sagt Karl-Theodor zu Guttenberg lässig, der den ausgestorben geglaubten Typ des Gentleman-Politikers wiederbelebt hat.

Und Christian Lindner nutzt jede Gelegenheit zu erklären, dass Guido Westerwelle den "Turnaround" bestimmt schaffen werde und dass sich der Parteivorsitzende dabei selbstverständlich auf seine Unterstützung verlassen könne. Lindner überlässt es anderen, seine Vorzüge zu preisen. Etwa dem ehemaligen FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum, einem Säulenheiligen der liberalen Bürgerrechtspolitik. Baum hat neulich verkündet, dank Lindner werde in der FDP wieder über liberale Grundsätze diskutiert, dieser Mann werde die Partei endlich wieder breiter aufstellen. Tatsächlich leitet Lindner die Arbeit am neuen FDP-Grundsatzprogramm, das 2012 fertig sein soll, in Gesprächen bezieht er sich gern auf den einstigen FDP-Vordenker Ralf Dahrendorf.

Während Lindner erfolgreich versucht, jeden Fehler zu vermeiden, scheint Guttenberg gegen alle Ausrutscher gefeit. Selbst dass er seine Frau zum vorweihnachtlichen Truppenbesuch nach Afghanistan mitnahm, was die politische Klasse in Berlin unpassend fand, hat ihm in der Öffentlichkeit nicht geschadet. Im Gegenteil. In den Umfragen ging es danach noch ein Stück weiter nach oben. Und mehr scheint möglich. Denn dieser Franke ist ja "wie eine Wettertanne". Sagt Stephanie zu Guttenberg, die ihrem Mann zutraut, jeden Sturm zu überstehen.