Eine Glosse von Rainer Grünberg

Oh, du süße Welt der Niedertracht. Sind das nicht himmlische Zeiten für Profifußballer, diese Transferperioden. Schade, dass sie nur kurz sind. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt, um einen Vereinswechsel zu provozieren. Dass Schalkes Jefferson Farfan zu spät zum Trainingsauftakt erscheint, muss allerdings auf der nach unten offenen Erpressungsskala als wenig originell getadelt werden. Als ausgefeilter gilt schon die Idee von Hoffenheims Demba Ba, zwar zur ersten Übungseinheit anzutreten, das anschließende Trainingslager aber zu verweigern. Fressen, wissen wir von Bertolt Brecht, kommt eben vor der Moral. Schließlich geht es nicht allein um die intellektuell anspruchsvolle Herausforderung einer neuen Wohnungssuche, sondern auch um den einen oder anderen Euro, gebrauchte Scheine, keine fortlaufenden Nummern. Ein bisschen Schwarzgeld darf nämlich auch dabei sein, wie wir von dem ehemaligen Bochumer Berufsspieler Raymond Kalla erfahren haben. Der verklagt gerade seinen früheren Arbeitgeber auf die Nachzahlung der ihm vom Finanzamt unerhörterweise abgenötigten Steuern. Wer im Profifußball nun von Zuständen wie in Sodom und Gomorrha zetert, der sei daran erinnert, dass seit 1963 bei allen Bundesligaspielen pünktlich zum Anpfiff stets 22 Spieler auf dem Platz standen. Vorbildlich möchte man diese Arbeitseinstellung loben und sie jenem Arbeitnehmer ans Herz legen.

Ach ja, da war noch dieser Schachprofi, der in der entscheidenden Phase seines Mannschaftskampfes seinem Mäzen gegenübertrat und von fürchterlichen Augenschmerzen berichtete. Bei einem paar Dollar mehr, glaubte er, die Gewinnkombination wieder sehen zu können. Der Mann erhielt sein Geld - und wurde nach der siegreichen Partie aus dem Klub geworfen. Ähnlich Unerhörtes - wie die Angst des Sponsors vorm Elfmeter - haben wir von einem Fußballprofi nie gehört. Das sind doch alles anständige Kerle.