Der 29-Jährige ist als einziger deutscher Teilnehmer beim Barcelona World Race dabei. Er ist Profi und seit vielen Jahren täglich auf dem Wasser.

Hamburg/Barcelona. Es sind seine großen rauen Hände, die verraten, dass er oft kräftig anpacken muss. Schnitte und Abschürfungen, die von kniffeligen Situationen erzählen. Aber auch die gebräunte Haut, die zeigt, dass Sonne und Wind seine täglichen Begleiter sind. Boris Herrmann ist Profisegler und seit vielen Jahren beinahe täglich auf dem Wasser. Seit wenigen Tagen, genauer seit dem 31. Dezember, nimmt er als einziger Deutscher an einer der härtesten Regatten der Welt, dem Barcelona World Race 2010/11, teil. Etwa 100 000 Spanier verfolgten den Start. Nach zwei Tagen lag Herrmann gestern morgen auf Rang neun, 30 Seemeilen hinter dem führenden französischen Team. Die weitere Strecke führt durch die Straße von Gibraltar über den Atlantik ums Kap der Guten Hoffnung an Australien und Neuseeland vorbei rund Kap Hoorn zurück nach Barcelona.

Kurz vor dem Start war Herrmann noch einmal in Hamburg. Entspannt saß er in einem kleinen Café in Winterhude, lehnte sich zurück - und erzählte von seinem Projekt. Dabei wirkte der junge Mann, der in Oldenburg geboren wurde und lange in Kiel und Hamburg lebte, als spreche er von einer Regatta auf der Alster und nicht von einer Wettfahrt, die ihn an die Grenzen seiner psychischen und physischen Leistungsfähigkeit bringen wird. "Der Reiz an diesem Rennen ist vor allem, dass es nonstop um die Welt geht", sagte er schlicht. 25 000 Meilen ist die Strecke lang. Etwa 90 Tage wird der Hamburger mit seinem Mitsegler Ryan Breymaier, 35, aus den USA auf der 18,29 Meter langen Rennyacht maximal unterwegs sein. "Unser großes Ziel wäre es, die Strecke in rund 80 Tagen zu schaffen", sagte Herrmann selbstbewusst. Und damit einen Platz unter den ersten fünf zu ergattern. "Denn wir gelten eigentlich eher als Außenseiter."

Die Entscheidung, an der Wettfahrt teilzunehmen, fiel bei Herrmann erst im Februar 2010. "Die Regattaleitung wollte Segler aus möglichst vielen Nationen im Teilnehmerfeld haben", sagte er. "Also wurde ich angerufen und gefragt, ob ich mir eine Teilnahme vorstellen könnte." Klar konnte er, der als einer der Besten der Welt gilt, und sagte deshalb sofort zu. "Die Vorbereitung wurde mir leicht gemacht, denn ich gehöre zu einem großen französischen Rennstall, der dem berühmten Skipper Roland Jourdain gehört. Wir werden wunderbar betreut." Ihre Yacht, die sechs Jahre alte "Neutrogena", ist das Schiff, mit dem Jourdain unter anderem bereits 2006 die berühmte Transatlantik-Regatta Route du Rhum gewann. "Ich sehe es als Vorteil, mit einem etwas älteren Schiff zu starten. Hier ist alles bereits getestet, böse Überraschungen wird es nicht geben."

Die Wochen auf See werden dennoch hart. "Mehr als zwei Stunden am Stück werden wir selten schlafen", erwartet Herrmann. Dazu kommen die körperlichen Anstrengungen zu zweit. Und die wenig leckere gefriergetrocknete Nahrung, die mit heißem Wasser aufgebrüht wird. "Außerdem müssen wir beide uns ja auch vertragen", sagte Herrmann und lachte. Schließlich seien er und Breymaier gleichberechtigte Skipper an Bord. Ein Novum in der Segelgeschichte. "Wir werden uns also bei jeder Entscheidung einigen müssen." Insgesamt seien die drei Monate auf See "eine große mentale und logistische Herausforderung". Alles müsse bis ins kleinste Detail durchgeplant sein. "Denn uns dürfen weder die Vorräte ausgehen noch die Ersatzteile oder gar Strom oder Gas." Und Unterstützung gebe es auf See nicht. Hinzu komme der Umgang mit der Yacht vom Typ Open60. "Diese Schiffe sind mit Spitzengeschwindigkeiten von über 30 Knoten unheimlich schnell, und deshalb muss die Crew bei Manövern höllisch aufpassen."

Angst vor den Gefahren auf hoher See hat er nicht. "Nein, das habe ich noch nie gehabt", so der 29-Jährige schlicht. "Das Leben auf See ist doch nicht per se gefährlicher als an Land." Seine Sorge sei vor allem eine andere: "Ich möchte um jeden Preis das Schiff heil zurückbringen. "Denn darin steckt die jahrelange Arbeit meines Team, und die möchte ich nicht zerstören." Ganz zu schweigen von der Chance auf eine gute Platzierung.

Herrmann segelt seit seiner frühesten Kindheit. "Mein Vater hat mich immer mitgenommen", sagte er. Später saß er dann allein im Optimisten, der Klasse der Jüngsten. Es folgten Regatten in verschiedenen Jollenklassen, bis Herrmann die Hochseesegelei für sich entdeckte. Bereits zweimal überquerte er den Atlantik. Einmal allein in einem winzigen, 6,50 Meter langen Boot im Rahmen der Minitransat-Regatta von Frankreich nach Brasilien. Im Jahr 2009 siegte Herrmann, der Ökonomie studiert hat, dann zusammen mit dem Hamburger Felix Oehme beim Portimão Global Ocean Race, einer Regatta, die in fünf Etappen und 35 000 Seemeilen um die Welt ging.

All diese Extremwettfahrten dienten für Herrmann allerdings vor allem einem Zweck: der Vorbereitung auf sein größtes Projekt, die Vendée Globe 2012, bei der er allein um die Welt segeln will. Damit wäre Herrmann der erste deutsche Teilnehmer bei der härtesten Einhand-Regatta der Welt. "Dank dieses Rennens habe ich vielleicht die Chance, mir in der Szene einen Namen zu machen, um mir meinen größten Traum zu verwirklichen."