Liebe Hamburgerinnen,

liebe Hamburger!

Ihr werdet es schon aufgrund meines Namens erahnen: So hundertprozentig bin ich kein Ausländer. Aber eben doch zur Hälfte - denn mütterlicherseits stamme ich aus Kolumbien. Dort bin ich auch geboren und aufgewachsen, das ist meine Heimat. Und die ist in vielerlei Hinsicht meinem Zuhause - Hamburg - sehr ähnlich.

Beispiel Wetter, besser gesagt: Schietdreckwetter. In beiden Städten regnet es sehr viel. In Hamburg wegen der Nähe zum Meer, in Bogotá wegen der Lage in fast 3000 Meter Höhe. Dieses Klima hat wiederum Auswirkungen auf das Gemüt der Menschen: Sie sind eher in sich gekehrt, wirken nach außen griesgrämig, haben dafür aber einen feinen ironischen Humor. In Sachen Witz können sich die südamerikanische Haupt- und die norddeutsche Hansestadt daher wirklich die Hand reichen.

Freilich gibt es auch einiges, das Hamburg und Bogotá voneinander trennt. Etwa die Organisation des Alltags: In Hamburg funktioniert sie einwandfrei, in Bogotá ist sie nur in genialen Ansätzen vorhanden. Das hat alltäglich ein Chaos zur Folge, besonders bezüglich des Straßenverkehrs.

Und für Hamburg? Ich finde: manchmal ein bisschen allzu viel Trott. Vieles läuft hier nach Regeln und Vorgaben. Der Wind ist dann nur im wörtlichen Sinne frisch. Das Abenteuer bleibt auf der Strecke.

Aber klar, auch Hamburg kann bereichern. Mich jedenfalls: 1957 war's, da bin ich zum ersten Mal in meinem Leben mit einer Eisenbahn gefahren, und zwar von der Hansestadt nach Reinbek, um meine Großmutter zu besuchen. Weitere Bereicherungen: die nach Welt dröhnenden Schiffssirenen und mein täglicher Gang von daheim ins Büro über die Kennedybrücke - das Alsterpanorama macht mich für den Moment einfach nur glücklich.

Christoph Gottfried Schmitt, 58, ist der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Vereins in Hamburg. Aufgezeichnet von Christopher Beschnitt