Sie haben sich gut vorbereitet, und im neuen Jahr wollen sie die Ernte einfahren. Ob Unternehmenslenker, Schauspieler, Politiker oder Sportler, von diesen Hamburgern wird man in der nächsten Zeit viel hören. Wir stellen acht Persönlichkeiten vor, deren Namen man sich merken muss

Der neue Ober-Kranich

1. Wenn mit dem Jahreswechsel Christoph Franz, 50, auf dem Kapitänssitz des Lufthansa-Konzerns Platz nimmt, bedeutet dies für das Unternehmen auch das Ende einer Ära: Anders als seine beiden Vorgänger Jürgen Weber und Wolfgang Mayrhuber ist Franz nicht Ingenieur, und er hat nicht wie sie sein ganzes Berufsleben bei der Lufthansa verbracht. Dass Franz eine Fluggesellschaft erfolgreich führen kann, hat er aber schon bewiesen: Nach ein paar eher glücklosen Jahren im Vorstand der Deutschen Bahn steuerte er die von der Lufthansa übernommene Fluglinie Swiss in die schwarzen Zahlen zurück. In der Frankfurter Konzernzentrale geht es für Franz nun um etwas anderes: Er muss verhindern, dass noch mehr Kunden zu Billigkonkurrenten abwandern. Vielleicht wird sein Erfolg aber ebenso davon abhängen, ob er die Lufthanseaten davon überzeugen kann, einer von ihnen zu sein.

Er spielt alle Rollen

2. Mirco Kreibich, 27, ist einer von den hoch begabten jungen Schauspielern, die Joachim Lux im Sommer 2009 nach Hamburg ans Thalia-Theater brachte. Inzwischen hat Kreibich so viele Rollen bravourös hingelegt, dass er auf dem Weg zum Schauspielstar ist. Der blonde Berliner, der in seiner Doppelrolle in Shakespeares "Was ihr wollt" ebenso als Sebastian wie mit seiner femininen Seite als Viola überzeugen konnte, ist nicht nur ein hervorragender Komiker. Er ist vor allem ein Akrobat und Körperschauspieler. Als Kind war er Eiskunstläufer, danach machte er eine Ausbildung zum Balletttänzer. Einen Stunt-Reitkursus hat er auch besucht, und als Schauspieler ist er so vielseitig, dass man ihm geradezu hingerissen zuschaut. Im "Hamlet" spielt er virtuos gar eine ganze Schauspieltruppe. Wenn Kreibich am 22. Januar als Don Carlos Premiere hat, ist er schon ein Publikumsliebling.

Sprung in die erste Reihe

3. Im Handbuch der Bürgerschaft steht jedem Abgeordneten eine Seite zu. Einige Parlamentarier veröffentlichen dort nur ein paar Sätze über sich, ganz wenige brauchen die ganze Seite. Bei Andreas Dressel ist sie sogar eng bedruckt. Bald 36 Jahre alt, Familienvater, Dr. jur., Mitglied in mehreren Vereinen, einer Stiftung, einer Opferschutzorganisation und natürlich der SPD. Ortsverband Volksdorf, Kreisverband Wandsbek, Fraktionsvize in der Bürgerschaft und, ach ja, einen Beruf hat er auch: Regierungsrat in der Stadtentwicklungsbehörde - Dressels Vita lässt seine Umtriebigkeit erahnen. Kein anderer Abgeordneter stellt so viele Kleine Anfragen (527 seit Frühjahr 2008!), treibt den Senat so hartnäckig und kenntnisreich vor sich her. 2011 wird sich das auszahlen. Wenn die SPD an die Macht zurückkehrt, worauf die Umfragen hindeuten, wird der Innen- und Justizexperte den Sprung in die erste Reihe schaffen. An Dressel führt kein Weg mehr vorbei.

Großes Ziel ist Olympia

4. Skull oder Riemen? Irgendwann steht jeder Ruderer vor dieser Frage. Lars Wichert hat sich nie ganz auf eine Technik festgelegt. Das macht den 24 Jahre alten Studenten vom RC Allemannia zu einem besonderen Vertreter seines Sports. Bei den Weltmeisterschaften in Neuseeland zog Wichert den leichten Doppelvierer mit zwei Skulls und den deutschen Leichtgewichtsachter mit einem Riemen zur Goldmedaille. Und das, obwohl er sich auf keine der beiden Bootsgattungen spezifisch vorbereitet hatte.

Fragt man seinen Trainer Marcus Schwarzrock, dann könnte dieser Coup erst der Anfang gewesen sein. Wicherts Fernziel sind die Sommerspiele 2012 in London. Dafür will der Doppelweltmeister zusammen mit seinem Zweierpartner Bastian Seibt am liebsten einen Rollsitz im Vierer ohne Steuermann ergattern. Mit genauso viel Kraft will er auch sein Studium der Bewegungs-, Medien- und Kommunikationswissenschaft vorantreiben.

Direkt ins Herz der Zuhörer

5. Manchmal fürchtet man, sie weiß selbst noch nicht genau, wo das Lied mit ihr hinwill, das sie gerade singt. Dann tastet ihre Stimme den Worten hinterher oder die Worte den Gefühlen. Eine gute Stelle ist zum Beispiel: "Hält dein Herz die Nähe aus oder bin ich dir zu nah, wird da jetzt ein Abschied draus oder bleibst du noch da?" Solche und andere Fragen stellt Alin Coen, hübsches Köpfchen der Alin Coen Band, eine Singer/Songwriter-Formation irgendwo zwischen Pop, Funk, Jazz und Folk. Drei Auftritte hat die 28-Jährige 2010 in Hamburg gespielt, im August war ihr Debütalbum "Wolken" erschienen. Und fast machte es mehr Spaß, in die Gesichter der Zuhörer zu gucken als in das der Sängerin. Verzaubert sahen die aus. Verzaubert war auch Ina Müller, als sie vor Kurzem in "Inas Nacht" ein Duett mit Alin Coen sang, die in Weimar lebt. Warum Weimar? "Weil diese Stadt voller Musiker ist."

Sie kickt uns ins Glück

6. Weltmeisterin ist sie bereits. Mit der U-20-Auswahl sicherte sich Kim Kulig im Sommer 2010 den Titel im eigenen Land. In diesem Jahr möchte sie den Erfolg wiederholen - mit der A-Mannschaft. Vor heimischer Kulisse soll ab dem 26. Juni von den Fußball-Frauen ein neues, ganz eigenes Sommermärchen geschrieben werden. Die 20 Jahre alte Offensivspielerin des HSV wird dabei, so prognostiziert Nationaltrainerin Silvia Neid, eine zentrale Rolle spielen.

Aufgewachsen mit drei Schwestern und zwei Brüdern begann sie mit acht Jahren zu kicken. Heimlich, bei der Jungenmannschaft des SV Poltringen, gegen den Willen der Eltern. Doch Kim Kulig setzte sich durch. Zum Glück für den HSV, zu dem sie 2008 wechselte. Und zum Glück für die Nationalmannschaft.

Der Weg der Kim Kulig kennt offenbar nur eine Richtung: nach oben.

Provokant ans Rednerpult

7. Eine eigene Partei zu gründen hatte er sich dann doch nicht getraut. Aber es als Parteiloser auf Platz fünf der CDU-Landesliste zu schaffen und bei der eigenen Präsentation, zwischen dem Bürgermeister und dem Parteichef sitzend, zu erklären, dass er eigentlich nicht auf die CDU stehe, aber von ihr halt das beste Angebot bekommen habe, das war auch eine reife Leistung. Davon wird Walter Scheuerl 2011 noch einige vollbringen. Der Sprecher der Volksinitiative gegen die Primarschule hatte die Politik bis zum Volksentscheid vor sich hergetrieben wie ein Hirtenhund eine Viehherde - jetzt wechselt er den Pelz und wird Teil der Herde. Als Leithammel? Oder doch als Wolf im Schafspelz? Fest steht: Als Mitläufer ist der scharfzüngige Advokat nicht vorstellbar. Wenn er die Lust an der Provokation nicht verliert, wird er die Bürgerschaft bereichern. Gute Redner wie Dora Heyenn (Linke) oder Jens Kerstan (GAL) bekommen einen ebenbürtigen Gegenspieler.

Spielerisch an die Spitze

8. Als kleiner Junge wollte Heiko Hubertz nichts Geringeres als Vorstandschef von Coca-Cola werden. Heute, mit 34 Jahren, gibt er mit seiner Browsergames-Firma Bigpoint 620 Menschen Arbeit. Bigpoint ist einer der Weltmarktführer bei Computerspielen, die Millionen Menschen kostenlos im Internet spielen.

Die meisten Mitarbeiter sind in der Hamburger Firmenzentrale beschäftigt, die im Sommer 2011 aus Eppendorf ins Stadtzentrum ziehen soll. Der firmenintern humorig "Heiko-Hubertz-Tower" genannte Bau entsteht an der Drehbahn. "In den sieben Stockwerken ist Platz für 800 Beschäftigte, dann ist das Maximum erreicht", heißt es bei Bigpoint. Im Januar fangen 35 neue Mitarbeiter an. Hubertz expandiert rund um die Welt mit seiner vor sechs Jahren gegründeten Firma. Im Büro in San Francisco sollen bis Ende 2011 mehr als 100 Spieleexperten arbeiten, im brasilianischen Vertriebsbüro sollen es dann zehn Beschäftigte sein.