Alle Jahre wieder werden die guten Vorsätze viel zu früh gefasst. Denn in der Ruhe liegt die Kraft - noch haben wir satte 362 Tage Zeit

Hamburg. Fühl dich kraftvoll umarmt, erster Januarmontag 2011. Hoffentlich bist du nicht Primus inter Pares, sondern herausragender Startpunkt eines famosen Jahrzehnts. Längst haben sich Raketen und Böller in Luft aufgelöst. Der Schampus perlt nicht mehr, der Rechaud ist erkaltet, der orgiastische Frohsinn abgeschminkt. Ein Blick in den Spiegel des Alltags beschert die Wahrheit. Hand aufs Herz, Mensch, wie ist es um deine Vorsätze bestellt? Schon geplatzt wie eine Luftblase, der vorsätzliche Spuk?

Dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, weiß der Volksmund von jeher. Entsprechend verbrachte Freezers-Boss Michael Pfad den gestrigen Sonntag erst schwitzend im Fitnessstudio, anschließend, noch intensiver transpirierend, online bei seinen Eisprinzen in München. Parallel reichte die Lebensgefährtin heißes Wasser mit feinen Schnipseln einer Bio-Ingwerwurzel. Abends feierte der Fan barocker Lebensart den Triumph wider den lautstark kläffenden Schweinehund mit einer orientalischen Gemüsepfanne. Zwei achtel Walnussstückchen verliehen dem übersichtlichen Arrangement einen Hauch von Pfiff.

Auch im Hause Schulz in Fuhlsbüttel zehrte Askese an den Nerven. Hausfrau Tanja und Freundin Sandra Bünte, eine Schulsekretärin, würzten den Tatort mit einer knappen Handvoll grüner Salatblätter, gebadet in einer mit Wasser verdünnten Himbeervinaigrette. Somit folgte die Strafe der Sünde auf dem Fuße; denn die starken Silvestervorsätze waren schon nach wenigen Minuten Neujahr geplatzt. Als die Damen nicht nur eine Sektflasche köpften und sich dazu ein paar Zigaretten gönnten. Doppelflop! Mehr als 24 Stunden wurde dagegen der Vorsatz realisiert, die Ehemänner auf Händen durchs neue Jahr zu balancieren. Selbst wenn's schwer fällt. Umso intensiver wird Vorhaben Nummer drei in die Tat umgesetzt: Vom 11. Januar an, das ist klar wie Kloßbrühe, soll es bei den Weight Watchers verschärft zur Sache gehen. Vier Tage später ist Stefan Schulz mit seinen gewichtigen Kumpels im "Rheinländer" in Eppendorf zur "Kölschschwemme" verabredet. Einziger Tagesordnungspunkt der herrlichen Runde: Wie können Pfunde purzeln, ohne Lebensqualität einzubüßen?

Den Lösungsweg scheint der frühere Volleyball-Nationalspieler Frank Mackerodt gefunden zu haben. Seine Devise: Wer verliert, gewinnt. Diese Weisheit bezieht sich nicht auf die Taktik seiner geliebten Rothosen, sondern auf den Sieg des Geistes über die Trägheit des Körpers. Das Weihnachtsgeschenk seines Bruders, HSV-Bettwäsche vom Feinsten, soll wohligen Schlaf bescheren, derweil der Leib nach Labsal lechzt.

Allen jenen, die mit ihren ehrbaren Vorhaben jetzt schon Schiffbruch erlitten, möge die Erkenntnis des irischen Schriftstellers Oscar Wilde als Wegweiser dienen: "Alle Vorsätze haben etwas Verhängnisvolles - sie werden zu früh gefasst." Danke, Meister, für den Trost. So gesehen sind noch 362 Tage Zeit ...