2011 wird für Hamburg ein Jahr der Weichenstellung.

Helmut Schmidt hatte 1962 seiner Heimatstadt in einem viel beachteten Text ordentlich die Leviten gelesen: Hamburg "schläft, meine Schöne, sie träumt", kritisierte der damalige Innensenator. "Sie ist eitel mit ihren Tugenden, ohne sie recht zu nutzen; sie genießt den heutigen Tag und scheint den morgigen für selbstverständlich zu halten."

Fast 50 Jahre danach muten diese Zeilen, die sich der SPD-Politiker damals von der Seele schrieb, wieder erschreckend aktuell an. Nur wenig ist von der Aufbruchstimmung geblieben, die die CDU nach dem Amtsantritt 2001 mit ihrem Leitbild der "Wachsenden Stadt" geweckt hatte. Schlimmer noch: Zuletzt präsentierte sich die Stadt zu oft als Metropole der Bedenkenträger, der Bremser, der Langeweiler. Hamburg genügt sich selbst, alles soll so bleiben, wie es ist. Auch dem schwarz-grünen Senat mangelte es am Mut zum großen Wurf - und da, wo er ihn zeigte wie in der Bildungspolitik, rebellierte das Hamburger Wahlvolk. Die Schlagzeilen in der Republik waren zuletzt so einmütig wie unerfreulich. Deutschlands Kulturszene wundert sich über eine unprofessionelle Sparpolitik, Deutschlands Wirtschaft über Einsprüche, Bürgerbegehren und Verzögerungen bei Großprojekten. Insgesamt ist die Hansestadt an den Rand gerückt. Hamburg schläft noch nicht, droht aber wegzudämmern.

Es bedarf keiner prophetischen Fähigkeiten, um dennoch zuversichtlich ins neue Jahr 2011 zu gehen. Nicht alles, aber vieles kann besser werden. Chancen hat die Stadt zuhauf - sie muss sie nur am Schopfe packen. Wirtschaftlich dürfte sie vom Exportboom profitieren, zumindest wenn die Elbvertiefung endlich vorankommt. Hamburg ist europäische Umwelthauptstadt und kann sich damit in der EU als Stadt nachhaltigen Wirtschaftens präsentieren. Ja, die "European Green Capital" kann eine Sogkraft entwickeln, wie es die europäische Kulturhauptstadt schon lange tut. Zugleich kann Hamburg die Internationale Bauausstellung (IBA) zu einem stadtverbindenden Projekt machen und den Sprung über die Elbe forcieren.

Die Bürgerschaftswahlen am 20. Februar kommen da durchaus zur rechten Zeit - sie zwingen zur Positionierung. Dabei erwarten die Wähler keine wohlklingenden Versprechen, sondern Verlässlichkeit; sie erwarten keine politischen Wunder, sondern den Willen, zu gestalten. Hamburg benötigt, um in Schmidts Bildsprache zu bleiben, keinen Schlummertrunk, sondern einen Weckruf.