Carl Friedrich Mossdorf gehörte vor 60 Jahren zu den ersten Mietern der Hochhäuser

Harvestehude. Als Carl Friedrich Mossdorf gestern in der Abendblatt-Geschichtsreihe "So war's" den Bericht über die vor 60 Jahren erbauten Grindelhochhäuser las, war das für ihn wie ein Ausflug in die eigene Geschichte. Der heute 89-Jährige gehörte 1950 zu den ersten Mietern, die die damals ultramoderne Wohnanlage beziehen konnten.

"Ich zog mit meiner Frau und unserem einjährigen Sohn in den dritten Stock des Hauses an der Oberstraße 6a und war total begeistert von der Wohnung, die zweieinhalb Zimmer hatte und über Zentralheizung und Müllschlucker verfügte. Außerdem war es unsere erste eigene Wohnung, zuvor hatten wir in der Brahmsallee zur Untermiete gewohnt", sagt Mossdorf. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad und dazu noch ein kleines Kinderzimmer, das war für eine dreiköpfige Familie in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein fast unvorstellbarer Luxus. Außerdem musste man keine Treppen steigen, schließlich gab es einen Fahrstuhl.

Es sei schon etwas Besonderes gewesen, damals in den Grindelhochhäusern wohnen zu können. Die junge Familie fühlte sich dort sehr wohl, auch weil es gepflegte Grünanlagen mit Spielplätzen und gute Einkaufsmöglichkeiten gab. In den Erdgeschosszone mehrerer Hochhäuser waren viele Läden untergebracht, vom Bäcker über Lebensmittelgeschäfte bis hin zur Sparkassenfiliale. Die Wohnungen waren hell. Im Wohnzimmer, erinnert sich der alte Herr, reichte das Fenster fast bis zum Boden. Mossdorf, der im Krieg schwer verwundet worden war, lebte in einem der ursprünglich von den Engländern geplanten Hochhäuser, die nun als Symbole einer neuen, besseren Zeit galten. Nach sechs Jahren musste die Familie umziehen; nachdem zwei weitere Kinder geboren worden waren, reichte der Platz in der Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung einfach nicht mehr aus. Aber die Zeiten hatten sich geändert, Wohnraum war zwar noch immer knapp, doch die größte Not der Nachkriegszeit war inzwischen überwunden. So blieben die Grindelhochhäuser für die Familie Mossdorf nur eine Episode, an die man sich aber noch heute gern erinnert.

Dass Carl Friedrich Mossdorf gestern zum Telefon griff, um dem Abendblatt seine persönlichen Erinnerungen mitzuteilen, geschah nicht zufällig: Schließlich hat der Journalist fast sein gesamtes Berufleben beim Abendblatt verbracht. Er begann in der Stunde null, war also von der Gründung des Abendblatts 1948 an mit dabei. Mossdorf interessierte sich besonders für Sport, war daher als Sportreporter tätig, arbeitete aber auch im Lokalen und organisierte manchmal Sonderprojekte. So sorgte er etwa dafür, dass anlässlich eines internationalen Journalistenkongresses noch in der Nacht im Tagungslokal fremdsprachige Abendblatt-Ausgaben verteilt werden konnten.

Und wie kam Carl Friedrich Mossdorf damals von seiner Wohnung am Grindel in die Redaktion, die ihre Räume zunächst noch an der Alster hatte? "Entweder mein Sportchef nahm mich mit seinem Dienstwagen mit, oder ich nahm die Straßenbahn", sagt der frühere Abendblatt-Redakteur und kramt in seinen Unterlagen, bis er ein Foto findet, auf dem die rot-weiße Straßenbahn vor den Grindelhochhäusern noch zu sehen ist.