Ganz gleich, wie die Machtkämpfe um Guido Westerwelle ausgehen: Die CDU muss versuchen, die Bindung zu den Liberalen allmählich zu lockern

Strenger Winter in Deutschland, schlechte Stimmung in der Koalition. Vor allem ein Koalitionspartner, die FDP, orientierungslos. Diese Großwetterlage hat Bundeskanzlerin Angela Merkel schon den Jahreswechsel 2009/2010 vermiest. Und der Schnee von gestern ist leider auch der Schnee von heute. Auch ins Jahr 2011 geht Merkel nur mit einer in Teilen funktionierenden Regierung, erneut ist die FDP von der Rolle.

Dabei hatte sich die Kanzlerin in den vergangenen Monaten intensiv bemüht, den schlechten Start der Koalition wettzumachen und entschlossenes Regierungshandeln vorzuführen. So wollte sie in den sieben Landtagswahlen des Jahres 2011 wieder gute Ergebnisse für die CDU und die "Wunschkoalition" mit den Liberalen erzielen. Doch der Schwung ist dank der FDP-Schwäche weitgehend dahin. Um eine böse Formulierung des FDP-Landespolitikers Herbert Mertin über seinen Parteivorsitzenden Guido Westerwelle aufzugreifen: Die FDP ist für Angela Merkel zu einem "Klotz am Bein" geworden. Sie gefährdet den Erfolg und das Ansehen der Bundesregierung und sie bringt die Union machtpolitisch in eine fast schon verzweifelte Situation. Sie steht auf absehbare Zeit ohne einen Partner da, mit dem sie nach Wahlen eine Regierungsmehrheit bilden kann.

Ganz gleich, wie das innerparteiliche FDP-Gewürge endet: Es wird nicht nur auf das Erscheinungsbild der Regierung abfärben, sondern auch ihre Arbeit behindern. Stürzt Westerwelle als Parteichef, wird er sich nicht als Außenminister und Vizekanzler halten können. Er wäre sonst ein Polit-Zombie. Also würde eine Regierungsumbildung fällig, mit all ihren Personalquerelen und Fehlerquellen. Und eine neu formierte FDP müsste erneut mühevoll lernen, wie man regiert.

Aber auch wenn Westerwelle bleibt - sein politisches Gewicht ist so gering geworden, dass der Koalition Streit und Machtspiele drohen. Einen ersten Eindruck davon konnte man bekommen, als Verteidigungsminister Guttenberg die Erklärung des Außenministers vor dem Bundestag zum Bundeswehrabzug aus Afghanistan tags darauf so abtat, als habe da ein Ahnungsloser seine Privatmeinung geäußert.

Die wahlstrategischen Aussichten der Union mit dem kümmerlichen Koalitionspartner hat ihr früherer Generalsekretär Heiner Geissler kürzlich auf den Punkt gebracht: "Wenn die CDU zu allen Koalitionen außer der mit der FDP Nein sagt, muss sie die absolute Mehrheit bekommen oder in die Opposition gehen." Geissler wollte damit gewiss einen Ausweg in Richtung Grüne aufzeigen. Aber der scheint zumindest gegenwärtig verschlossen. Schließlich hat Angela Merkel die Grünen gerade zum Hauptgegner erklärt. Damit ist es ihr zwar gelungen, die eigenen Reihen wieder zu schließen und die Umfragewerte der CDU wieder leicht nach oben zu treiben. In Baden-Württemberg, wo Ende März die wichtigste Landtagswahl dieses Jahres stattfindet, kann die CDU erneut stärkste Partei werden. Aber was hilft ihr das mit einem Fünf-Prozent-oder-weniger-Partner FDP?

Auf der anderen Seite haben die Grünen den "Fehdehandschuh" (Renate Künast) aufgenommen und versuchen nun ihrerseits, sich im Streit mit der CDU weiter zu profilieren. Dennoch darf Angela Merkel - trotz aktuellen Wahlkampfstreits, trotz Bruchs der schwarz-grünen Koalition in Hamburg, trotz Konflikts um die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke - eine Zusammenarbeit mit den Grünen in künftigen Jahren nicht aus dem Auge verlieren. Ihren Klotz am Bein, die FDP, wird sie so schnell zwar nicht abschütteln können. Aber sie muss versuchen, die Bindung allmählich zu lockern. Wenn die FDP ihre früheren Wähler nicht mehr anzieht, dann muss die CDU versuchen, alles an Stimmen aus dem bürgerlichen Lager einzusammeln, was sie kriegen kann.