4330 Hamburger haben an Heiligabend Geburtstag. Abendblatt-Redakteurin Geneviève Wood erfuhr von drei Christkindern, wie das ist.

Hamburg. Herzlichen Glückwunsch! Ein Tag, zwei Feste. Ausgerechnet Heiligabend Geburtstag zu haben, ist etwas ganz Besonderes und ein guter Grund, einmal im Jahr gleich doppelt zu feiern. Wer nicht gerade an Weihnachten geboren wurde, fühlt häufig Mitleid mit den Christkindern, weil sie sich eben nur einmal im Jahr auf etwas Tolles freuen können. Diese aber sehen das ganz anders und finden es besonders schön, an einem so feierlichen Tag auf die Welt gekommen zu sein. 12 640 Hamburger haben an den Feiertagen Geburtstag, so das Statistikamt Nord (Stand 2009), 4330 am Heiligen Abend. Drei Geburtstagskinder erzählen, wie sie den Tag gestalten.

Miriam Anspreiksch steht am Vormittag im Mittelpunkt

Die blonden Locken, das freundliche Lächeln. Miriam Anspreiksch aus Ellerau bei Quickborn sieht ein bisschen so aus, wie das Christkind gern dargestellt wird. Das passt, weil die 32-Jährige ja auch eines ist. Irgendwie. Am heutigen Heiligabend wird die Hotelfachfrau wie immer im Haus ihrer Eltern mit Freunden aus der Kindheit gemütlich brunchen und ihre Geburtstagsgeschenke auspacken. Weil die Freunde von damals inzwischen auch Kinder haben, ist diese Frühstücksrunde mit bis zu 20 Leuten recht groß. Der Vormittag ist ihr Teil des Tages. Das war schon immer so. Früher kamen die Eltern an das Bett ihrer Tochter und sangen ihr ein Geburtstagsständchen, dann gab es Kuchen, und selbstverständlich musste die kleine Miriam die Kerzen auspusten. "Als Kind fand ich es sehr schön, am 24. Dezember Geburtstag zu haben, weil der komplette Tag mir gehörte und das nervige Warten auf die Bescherung wegfiel", sagt sie. Als Einzelkind bekam sie besonders viel Aufmerksamkeit.

Das ist jetzt anders. Am Nachmittag zur Bescherung ist der Geburtstag dann auch schon vorbei. Damit kann die erwachsene Miriam aber gut leben. Denn dann steht ein anderes kleines, blond gelocktes Kind im Mittelpunkt: ihre zweijährige Tochter Linda. Die übrigens ihren errechneten Geburtstermin am 26. Dezember hatte. Sie hat sich für den 29. entschieden. Ein Christkind in der Familie reicht ja auch.

Tibor Nadj und sein Sohn Niclas haben am gleichen Tag Geburtstag

Der 24. Dezember liegt bei den Nadjs in der Familie, weil Schwiegermutter und Schwiegertochter beide ein ähnliches Timing hatten. Tibor wird an diesem Tag 37 Jahre alt. 27 Jahre lang musste sich der Immobilienmakler aus Halstenbek seinen Geburtstag bereits mit Jesus teilen. Es war eine schöne Zeit: "Ich war Einzelkind und bekam immer zwei große Geschenke. Eines morgens, das andere abends. Das war das Wichtigste", sagt Herr Nadj. Nachteile - geschenkemäßig - hatte er also nicht. Und ordentlich feiern konnte Tibor Nadj auch lange Zeit: Als Erwachsener hat er immer am Abend vorher in seinen Geburtstag hineingefeiert.

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Dann kam Niclas zur Welt - ausgerechnet am Heiligabend wie sein Vater. "Seitdem feiern wir nicht mehr rein", sagt Tibor Nadj. Er hätte sonst ein schlechtes Gewissen, wenn er am nächsten Tag einen dicken Kopf hat. Seitdem Niclas da ist, steht er im Schatten seines Sohnes. "Jetzt ist er der Star", sagt Herr Nadj. Die beiden Steinböcke ("wir sind beide sehr stur", so der Vater) teilen sich nicht nur ihren Geburtstag, sondern auch die Leidenschaft für den Fußball. Der Vater im Mittelfeld bei Altona 93, der Sohn in der U-11-Mannschaft bei St. Pauli.

Wie sie Geburtstag feiern? Bis 16 Uhr ist ein Kommen und Gehen im Hause Nadj. Freunde und Verwandte besuchen Vater und Sohn. Über zu wenig Geschenke kann sich auch Niclas nicht beklagen. "Er ist ein ganz tolles Kind und entspannt, was das angeht", sagt Vater Tibor. Am Abend wird es besinnlicher, und es gibt dann Ente im Kreise der Familie. Niclas findet das übrigens super: "Ich muss nur einmal im Jahr ungeduldig warten", sagt er. Und weil ja auch schon tagsüber jede Menge los ist, fällt auch das Warten auf die Bescherung weg. Während der Fußball-WM im vergangenen Sommer durfte Niclas seinen Geburtstag auch mit Freunden richtig nachfeiern. Geht es nach ihm, wird das im kommenden Sommer wieder der Fall sein. Vielleicht der Beginn einer neuen Tradition.

Die kleine Christiane hat immer mehr Geschenke bekommen als die anderen

Bei Frau Rindchen aus Lokstedt ist der Vorname Programm. Eigentlich sollte sie Ursula heißen. Weil sie aber 14 Tage zu früh zur Welt kam, wurde das ihr zweiter Vorname. Christiane heißt sie, weil sie eben an Heiligabend geboren wurde. Die 78-Jährige ist eine von 2220 Hamburgerinnen und 2110 Hamburgern, die am 24. Dezember Geburtstag haben. Die ehemalige Lehrerin, die außer Schwimmen und Physik so ziemlich alles unterrichtet hat, räumt an dieser Stelle mit dem Vorurteil auf, wonach Kinder, die an Weihnachten Geburtstag feiern, zu bemitleiden wären: "Ich habe immer mehr Geschenke bekommen als andere", sagt sie und lacht. "Die Verwandten dachten immer, das arme Kind hat ausgerechnet Heiligabend Geburtstag, deshalb gab es besonders viel zum Auspacken." Zu ihrem Ehrentag tischte ihre Mutter zu Hause in Ostpreußen Klein-Christiane traditionell graue Erbsen mit süß-saurer Soße auf. "Das war mein Lieblingsgericht", sagt Frau Rindchen. Längst feiert Christiane Rindchen jedes Jahr in ihren Geburtstag hinein. Am 24. abends geht es dann zur Weihnachtsfeier zu ihrem Sohn Gerd nach Eppendorf.