Hamburger Gemeinde steht für liberalen, weltoffenen Islam. Auf U-Bahn-Plakaten wirbt sie für ihre Sache, Vorurteile sollen abgebaut werden.

Eimsbüttel. Glaubensfreiheit, freie Partnerwahl und Respekt gegenüber anderen - Werte, die in unserer Gesellschaft selbstverständlich sind. Wenn es um Muslime geht, fallen vielen jedoch eher die Begriffe Fundamentalismus, Zwangsehe und Intoleranz ein. Genau das will die Ahmadiyya Muslim-Gemeinschaft (AMJ) ändern. Die Gemeinde steht für einen liberalen, weltoffenen Islam und will dies jetzt einer breiten Öffentlichkeit vermitteln: mit einer Plakataktion. "Wir wollen damit eine Diskussion über den Islam auslösen", sagt Fazal Ahmad, 33, Pressesprecher der Hamburger AMJ.

Zehn verschiedene Plakatmotive mit muslimischen Zitaten werden ab dem 11. Januar für zwei Wochen in den Stationen aller Hamburger U-Bahn-Linien hängen. Die Idee dazu entstand im Spätsommer dieses Jahres. Rund 20 Gemeindemitglieder haben seitdem ehrenamtlich an dem Projekt gearbeitet. Bei der Auswahl der Zitate wurde darauf geachtet, welche Themen gerade eine besonders große Rolle in der Öffentlichkeit spielen. Der Koranvers "Es soll kein Zwang sein im Glauben" etwa bezieht sich auf Zwangsehe, aber auch auf Fundamentalismus. "Es ist im Islam demnach nicht erlaubt, anderen eine Religion oder Lebensweise mit Gewalt aufzuzwängen", sagt Ahmad.

"Wir als liberale und gut integrierte Muslime fühlen uns immer so wehrlos, wenn der Islam kritisiert und verallgemeinert wird", sagt Ahmad. Die Plakataktion nun sei eine gute Möglichkeit, möglichst viele Menschen zu erreichen.

"Wir beobachten seit ein paar Jahren, dass die Angst vor dem Islam in der Gesellschaft enorm zunimmt", sagt Ahmad. Dies liege nicht zuletzt an der oft undifferenzierten Berichterstattung in vielen Medien und dem mangelnden Austausch zwischen Nichtmuslimen und Muslimen.

Die Plakataktion soll deshalb über den Islam aufklären und so Vorurteile abbauen. "Das nützt nicht nur den Muslimen, sondern der gesamten Gesellschaft", sagt der bei der AMJ für Norddeutschland zuständige Imam Laeeq Munir, 58. Denn so würde für alle ein angenehmeres Klima entstehen, in dem man friedlich neben- und miteinander leben könne.

Die Kampagne wendet sich aber nicht nur an nicht muslimische Menschen, die dieser Religion mit Skepsis und Furcht begegnen, sondern auch an jene Muslime, die den Islam aus Sicht des AMJ falsch auslegen und ihn als Rechtfertigung für ihr Fehlverhalten missbrauchen. "Wir wollen gar nicht bestreiten, dass es Dinge wie Zwangsheirat, Gewaltverbrechen oder Fundamentalismus gibt, aber das ist nicht das Islamverständnis der muslimischen Mehrheit", sagt Ahmad. Derartige Fälle seien zudem meist viel komplexer. "Da spielen Faktoren wie Familienstrukturen, Bildung oder das soziale Umfeld eine große Rolle", sagt Ahmad.

Die Initiatoren der Plakataktion möchten damit auch einen Beitrag zur Integration leisten. "Wir sind zum Teil hier aufgewachsen und fühlen uns als deutsche Muslime als Teil der Gesellschaft und möchten deshalb auch aktiv unseren Teil dazu beitragen", sagt Ahmad. Dieses Engagement ist für alle Beteiligten selbstverständlich. Viele der Gemeindemitglieder sind auch außerhalb der Moschee ehrenamtlich tätig. Daud Ata, 30, ist beispielsweise Leiter des Projekts "Bildung gegen Kriminalität". Dort helfen Studenten, die selbst einen problematischen Lebenslauf haben - etwa weil sie mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind -, Kindern in schwierigen sozialen Situationen bei den Hausaufgaben und anderen Problemen. "Das ist einfach viel authentischer", sagt Ata.

Gerade viele junge Muslime wollen gegen das Klischee vom Frauen missachtenden, prügelnden und integrationsunwilligen Araber ankämpfen. Auch an der Plakataktion waren viele junge Gemeindemitglieder beteiligt. Das zeigen die modernen Kommunikationswege, die die Kampagne nutzt. Neben einer Internetseite gibt es ein Profil bei Facebook zu der Aktion. "Wir sind eine sehr junge Gemeinde und nutzen deswegen auch solche modernen Wege", sagt Imam Munir.

Die AMJ rechnet mit einem positiven Feedback auf die Kampagne. "Die Deutschen sind friedliebende, positive Menschen, deswegen bin ich sehr optimistisch, dass sie in ihrem Herzen einen freien Platz für unsere Auffassung des Islam haben", sagt Imam Munir. Davor, dass die Plakate beschmiert werden, haben die Initiatoren keine Angst. "Das kann man eben nicht verhindern", sagt Pressesprecher Ahmad. Aber passiv zu bleiben sei angesichts der Herausforderungen keine Option.