Täter waren auf Beutezug in Hamburger Krankenhäusern

Neustadt. Sie gingen offenbar am liebsten in Kliniken auf Beutezug, in ganz Hamburg verteilt, und hatten es vorzugsweise auf hochwertige medizinische Geräte abgesehen: Seit Freitag müssen sich drei Männer wegen einer Diebstahlserie aus Krankenhäusern mit einem Gesamtschaden von mehreren Hunderttausend Euro vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft zwei der Angeklagten gewerbsmäßigen Diebstahl vor, der Dritte im Bunde ist der mutmaßliche Hehler.

Fast eine Stunde lang dauert die Verlesung der Anklage an diesem ersten Verhandlungstag, und sie klingt wie ein Streifzug durch die Medizin. Die Männer scheinen sich ausgekannt zu haben, Defibrillatoren, Videoendoskope, Ultraschallsonden - Geräte, die zum Teil einen Wert von mehr als 50 000 Euro hatten, ließen laut Staatsanwaltschaft der 27 Jahre alte Khaled C. und sein mutmaßlicher Komplize, der 28-jährige Ümit K., unter anderem aus dem UKE und diversen Asklepios-Kliniken mitgehen. Dabei sollen sie einen Teil ihrer Beute an einen in Tunesien als Arzt tätigen Mann verkauft haben. Ein Großteil der Beute ging jedoch, so die Vorwürfe weiter, an den mutmaßlichen Hehler Tom G.-J. (46). Dabei haben Khaled C. und Ümit K. ihre Beute offenbar weit unter Wert verkauft. Für ein medizinisches Gerät etwa, das mehr als 20 000 Euro kostet, sollen sie lediglich 200 Euro bekommen haben.

Gefasst sitzt der Angeklagte Tom G.-J. da, der Mann hat bereits im Ermittlungsverfahren ein umfassendes Geständnis abgelegt und dabei auch die beiden anderen Angeklagten erheblich belastet. Kühle Blicke treffen den 46-Jährigen von den beiden Männern, die seit sechs Monaten in Untersuchungshaft sitzen.

Doch bei Khaled C. liegen die Nerven blank. Zunächst hatte der schlanke Mann mit dem kurz geschorenen Bart noch einer Familienangehörigen Luftküsse zugeworfen und ihr aufmunternd zugelächelt. Doch als seine Mutter den Gerichtssaal betritt, sofort zu schreien beginnt und von einer Wachtmeisterin aus dem Raum geführt werden soll, springt der 27-Jährige in Rage auf und liefert sich schimpfend ein Handgemenge mit Justizangestellten. Der Vorsitzende Richter spricht ein Machtwort: "Sie müssen Ihr Temperament im Zaum halten", warnt er den Angeklagten, der sich nun zusammenreißt.

Die Frau hat allen Grund zur Trauer. Ihrem Sohn droht eine langjährige Haftstrafe. Maximal sechs Jahre Freiheitsstrafe, erläutert der Vorsitzende Richter, sind nach vorläufiger Einschätzung der Beweislage aus Sicht des Gerichts angemessen, vorausgesetzt, der 27-Jährige legt ein umfassendes Geständnis ab, das eine noch höhere Gefängnisstrafe verhindern könnte. Für Ümit K. stellt die Kammer höchstens fünf Jahre Haft in Aussicht, für den mutmaßlichen Hehler Tom G.-J., als Einziger nicht vorbestraft und Kronzeuge in diesem Verfahren, eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Sowohl für Khaled C. als auch für Ümit K. sei die Beweislage "nicht günstig", erklärt ein anderer Richter. "Sie gehören zu einer Generation, die in ihre Handys geradezu verliebt ist", erläutert er. Unter anderem hätten sie direkt während eines Diebstahls miteinander telefoniert und genaue Anweisungen ausgetauscht. "Da freuen sich die Ermittler", wenn sie all dies gewissermaßen live mithören können. Der Prozess wird fortgesetzt.