Eine Glosse von Christian-A. Thiel
Es ist gerade einmal zweieinhalb Jahrzehnte her, da katapultierte ein rotblonder Schlaks, der 17-jährigste 17-Jährige, den es hierzulande je gab, das deutsche Tennis auf die Weltkarte des Sports. Ein hochbegabter Ästhet aus Elmshorn und ein Fräuleinwunder aus dem badischen Brühl folgten. Plötzlich wurde im weißen Sport Deutsch gesprochen.
Alles Vergangenheit.
Tennis in Deutschland heute - das ist ein Hamburger Traditionsturnier, das um sein Überleben kämpft, das sind Spieler, die in der Weltrangliste auf Platz 32 (Damen) und 34 (Herren) zu finden sind, und das ist seit gestern das Ende des World Team Cups. Die Mannschafts-Gala der Meister im Düsseldorfer Rochusclub, bei der sich Stars wie Becker, Lendl und Sampras auf dem roten Sand wälzten, galt 33 Jahre lang als feste Institution im Tenniszirkus und ideale Vorbereitung auf den Sand-Grand-Slam in Paris. Nach dem Ausstieg einer Versicherung als Titelsponsor blieb nichts als Verunsicherung. Die mächtige Turnierserie ATP zeigt den zuletzt aufmüpfigen Deutschen, die es wagten, um den Status des Turniers am Rothenbaum zu kämpfen, die kalte Schulter.
Willkommen in der Provinz.
Tennis ist hierzulande wieder dort angekommen, wo es vor den Becker-Jahren war. Bezeichnend, dass in Deutschland während der Tennis-Weltmeisterschaft in London die Bildschirme dunkel blieben.
Vielleicht müsste wieder mal ein 17-Jähriger her, der mit Hechtsprüngen, Kanonenaufschlägen und ein wenig Charisma die Plätze rund um den Globus aufmischt. Bewerbungen bitte an den Deutschen Tennis Bund.