Erstmals werden die Tiere auch im Winter gezählt. Der Naturschutzbund ruft zur “Stunde der Wintervögel“ auf. Wir stellen Ihnen hier zehn Kandidaten vor.

Jedes Frühjahr das gleiche Lied. Die flötende Fanfare des aus dem Süden heimgekehrten Vogelorchesters beschallt die Trommelfelle schlafender Großstädter und kündet vom beginnenden Lenz. Frühling ist Vogelzeit, und der gefiederte Chor krakeelt sich zurück ins Gedächtnis wintergegrämter Menschen. Schön ist das - und befristet. Denn die Schönwettersänger verziehen sich im Herbst meist genauso schnell gen Süden, wie sie im Frühjahr gekommen waren.

Im Winter hört man dagegen nichts mehr von ihnen, obwohl viele Arten auch in der eisigen Jahreszeit bei uns weilen. Aber Mönchsgrasmücke, Hausrotschwanz oder Blaumeise ähneln bei Eis und Schnee einem Geschwader von Tarnkappenbombern, sie werden für das menschliche Radar unsichtbar, weil sie weniger öffentlichkeitswirksam agieren. "Doch diese Vogelarten kommen mit den hiesigen klimatischen Bedingungen sehr gut zurecht und finden auch im Winter genügend Nahrung", sagt Sven Baumung, Vogelexperte beim Naturschutzbund (Nabu) Hamburg. Allerdings sei bislang unklar, wie viele Arten und Exemplare es tatsächlich sind.

Deshalb wird nun erstmals die "Stunde der Wintervögel" in Hamburg organisiert. Vom 6. bis 9. Januar sind alle vogelinteressierten Großstädter aufgerufen, Wintervögel auf ihrer Terrasse, auf ihrem Balkon oder an anderer Stelle zu zählen. Es heißt also warten, dass die Vögel kommen. Wo kommen sie vor? Wie häufig oder selten sind die Arten geworden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Nabu-Premieren-Aktion. Ziel sei es, sowohl bundesweit als auch regional ein möglichst genaues Bild von der Vogelwelt zu zeichnen. Und ein rechtzeitiges Anfüttern im Dezember erhöhe die Chancen, wertvolle Zahlen für diese Erhebung - das Pendant zur im Mai stattfindenden "Stunde der Gartenvögel" - beitragen zu können. Gerade in Hamburg sind die Erfolgsaussichten nicht gering, wie Ornithologe Baumung sagt: "Weil die Stadt immer ein paar Grad wärmer als das Umland ist, findet man Überwinterer wie Zilpzalp oder eben die Mönchsgrasmücke nur in der Stadt." Deshalb übernachteten auch Berghänflinge am Rathaus, Invasoren wie Erlenzeisige oder Seidenschwänze seien ebenfalls keine Seltenheit. Der Hafen mit seinen Brach- und Wasserflächen sei für Entenvögel äußerst attraktiv.

Bei der "Stunde der Wintervögel" geht es laut Nabu vorrangig darum, zu Hause eine Stunde lang rastende, fressende oder vorbeifliegende Vögel zu zählen, im Idealfall die Art zu bestimmen und in ein Formular einzutragen. Je mehr Menschen an der Nabu-Aktion teilnehmen, desto genauer wird Hamburgs Vogelwelt abgebildet. Informationen und Formulare im Internet: www.stundederwintervoegel.de

Gimpel

Der Gimpel (Pyrrhula), auch Dompfaff, gilt als nicht gefährdet. Das Männchen trägt schwarze Kopfplatte und rote Brust, der Hals scheint bei der Entstehung des Gimpels vergessen worden zu sein. Er ist sehr schreckhaft, wird häufig Fensterscheibenopfer und überlässt bei der Balz den Weibchen die Initiative. Das leise Geschwätz wird immer wieder von einem traurigen Moll-Ton unterbrochen. Futter: Rosinen.

Mönchsgrasmücke

Die Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) ist die häufigste Grasmücke Europas, gilt aber als scheu und versteckt in Gebüschen lebend. Männchen tragen schwarze, Weibchen rostbraune Kopfplatten, sonst grau. Ihr Gesang ist melodisch-flötend. Eigentlich flüchtet sie im Winter gen Süden, Überwinterungen werden aber immer wieder beschrieben. Bevorzugt Beeren und Früchte.

Berghänfling

Der in Skandinavien beheimatete Berghänfling (Carduelis flavirostris) ist Wintergast am Hamburger Rathaus, denn er bevorzugt - hört, hört - helle Fassaden. Er besitzt eine gestreifte Ober- und Unterseite, der namensgebende, an einen Berg erinnernde gelbe Schnabel fällt mit schwarzer Spitze auf. Samen sind die bevorzugte Speise, zwitschernd-trillernd ist das Lied.

Seidenschwanz

Der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus) ist nur Wintergast aus Finnland oder Schweden. Sein Gefieder ist bräunlich-beige mit einem auffallend gelb-weißen Flügelmuster. Besonderheit: Er besitzt eine effiziente Leber, um den Alkoholgehalt von überreifen Früchten abzubauen. Trupps sitzen oft in Misteln tragenden Bäumen. Ihr Ruf: ein feines Sirren, wie eine Klingel.

Blaumeise

Die Blaumeise (Cyanistes caeruleus) kann geschickt - auch kopfüber - an äußersten Zweigspitzen herumklettern. Ihr Gefieder ist blau-gelb, die Männchen neigen zum "Seitensprung". Sonnenblumenkerne und Nussbruch gehören zu ihrer Leibspeise. Zwölf Jahre alte Tiere sind beschrieben. Ihre "Zi"-Rufe enden mit einem glockenhellen Triller, ihr Zetern ist lautstark.

Buchfink

Der anspruchslose Buchfink (Fringilla coelebs) ist der häufigste Vogel in Europa. Vor allem alte Männchen überwintern hier - darum auch der Name "coelebs", "der Unverheiratete". Als Schönling besitzt er einen rotbraunen Rücken nebst taubenblauem Schopf. Mit dem Regenruf "trüb" wird ihm die Fähigkeit zur Wettervorhersage nachgesagt. Futter: Samen, Salat, Körner.

Haussperling

Die "tschilpenden" Kulturfolger (Passer domesticus) sind durch Brutplatzverlust selten geworden. Der Haussperling, dieser gesellige, sich in Trupps vor Greifvögeln schützende Vogel, hat ein braunbeiges Gefieder am Bauch, der Rücken ist braunrot. Am Futterhaus verhalten sich die Vögel streitsüchtig. Die Methusalems unter den Spatzen werden fast 14 Jahre alt.

Haubenmeise

Haubenmeisen (Lophophanes cristatus) lieben Nadelbäume im Garten. Unverwechselbar: die kecke schwarz-weiß gesprenkelte Federhaube. Gesangsduelle in den frühen Morgenstunden und Flügelzucken prägen die Revierkämpfe. Jungvögel werden oft von Eichelhähern erbeutet, mit dem Straßenverkehr stehen sie ebenfalls auf Kriegsflügel. Sprache: ein Gürr-Laut.

Amsel

Die auch Schwarzdrossel genannte Amsel (Turdus merula) flötet mit melancholischem Unterton und "tixt" bei Erregung. Sie kann bis zu 17 Jahre alt werden. Charakteristisch für Männchen sind schwarzes Gefieder, orangegelber Schnabel sowie der Augenring. Nur manche Tiere wandern nach Südwesten, die Mehrzahl überwintert hier. Futter: Rosinen und Haferflocken.

Kleiber

Der Kleiber (Sitta europaea) gehört zur gedrungenen Vogel-Kompaktklasse. Sein Kleid ist oben graublau, unten hell bis rostbeige. Als einzige Art in Europa kann er kopfüber einen Baumstamm hinablaufen und verklebt Höhleneingänge mit Lehmkugeln (Kleibern). Leibspeise: Bucheckern und Haselnüsse. Kleiber pfeifen ausgiebig - oft auch Menschen hinterher.