In unseren evangelischen Kirchen wird am dritten Advent nicht über den Nikolaus gepredigt, der war ja schon am Montag dran. Erst recht nicht über den Weihnachtsmann, der hat da nichts zu suchen. Anstelle dieser rot bemantelten Wohltäter wird es um einen rauen Provokateur gehen, fern aller bürgerlichen Kleiderregeln und Speisepläne.

Johannes der Täufer lebte in der Wüste, trug einen Rock aus Kamelhaaren, aß keine Lebkuchen, sondern Heuschrecken und hielt krasse Predigten. Die Jerusalemer pilgerten in Scharen zu ihm in die wilde Landschaft am Jordan, weil es offenbar schick war. Er aber begrüßte die mehr oder weniger frommen Wüstenpilger nicht mit "Liebe Gemeinde!", sondern schockte sie mit "Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch weisgemacht, ihr könntet dem zukünftigen Zorn Gottes entgehen? Zeigt, dass ihr euch wirklich ändern wollt!"

Wenn nicht, würden sie ins Feuer geworfen wie Bäume, die keine Früchte tragen.

Das war shocking, harter Tobak, wirkte aber damals glaubwürdig und ist auch heute durchaus aktuell. Denn der Advent ist eine alte Fastenzeit. Zeit, sich selbstkritisch vorzubereiten auf das weihnachtliche Christfest und die Begegnung mit Gott. Innezuhalten, manches Krumme im Leben zu überdenken und umzukehren.

Johannes, berief sich dabei auf den Propheten Jesaja. Der hatte schon fünf Jahrhunderte zuvor gesagt, das Volk werde eine Stimme in der Wüste rufen hören: "Macht den Weg frei für den Herrn, baut ihm eine Straße, füllt die Täler auf, tragt die Berge ab, damit alle sehen, wie Gott die Rettung bringt!"

Das ist nicht die süß klingende Melodie der Vorweihnachtszeit, in der die ganze Welt zu einem strahlenden Kaufhaus wird. Es sind eher herbe Töne, die uns nachdenklich machen wollen. Wer kennt nicht Hindernisse, die zwischen ihm und Gott stehen, wer hat nicht Sehnsucht nach Orientierung und Neuanfang?

Es kommt nicht nur darauf an, alle Geschenke zu besorgen, sondern auch innerlich offen zu sein, wenn Gott in einem Kind zu uns kommt. Damit echte Freude einziehen kann. Was Johannes weiter gesagt hat, hören sie am morgigen Sonntag von unseren Kanzeln.

hwestphal@anderezeiten.de