Hamburg. Das Pärchen wirkte ganz reizend. So richtig nett und durch und durch vertrauenswürdig. Da sollte es doch kein Problem sein, ihm ein wenig entgegenzukommen. Die vorgezogene Schlüsselübergabe für das wertvolle Haus eine Woche vor der versprochenen Bezahlung der Immobilie - es war eine Kleinigkeit, so schien es. Doch heute ist klar, dass das ein schlimmer Fehler war. "Das war dumm, wirklich dumm", schüttelt Rolf F. jetzt den Kopf über seine eigene Naivität. Über seine Gutgläubigkeit. Der 69-Jährige hat teuer dafür bezahlt.

Der Mann und die Frau, die dem Rentner eine Lektion fürs Leben erteilt haben, stehen jetzt wegen Betruges vor dem Amtsgericht. 700 000 Euro sollte der 69-Jährige für das Anwesen im Hamburger Westen bekommen, die Finanzierung schien gesichert, der Kaufvertrag wurde notariell beglaubigt. Doch Papier ist bekanntlich geduldig, und nicht alles wird zur Gewissheit, nur weil es schwarz auf weiß niedergelegt ist. Denn tatsächlich sollen die angeblich so solventen Käufer Detlev K. und seine Lebensgefährtin Heike S. bei dem beglaubigten Kaufvertrag nur vorgegaukelt haben, sie könnten die sechsstellige Summe für das Haus aufbringen, und damit eine vorzeitige Schlüsselübergabe erschwindelt haben.

In Wirklichkeit war die Finanzierung geplatzt. Sechs Wochen wohnte das Paar laut Anklage in dem Haus, ohne irgendetwas dafür zu bezahlen.

"Ich erkenne die Schuld an." Es ist ein kurzes Statement, das der 55-jährige Detlev K. im Prozess zu den Vorwürfen abgeben möchte. Denn er habe gelernt, "bei deutschen Gerichten nur den Mund aufzutun, wenn ich etwas belegen kann", ergänzt der kräftige Hamburger mit der hohen Stirn. Leidgeprüft klingt er, seine Einschätzung der aus seiner Sicht ach so bösen Justiz gleicht einer Anklage. Dass er mit Gerichten eher auf Kriegsfuß steht, mag an seinem ganz persönlichen Werdegang liegen. Schließlich wurde der Mann, der jetzt im Bereich Alternative Medizin beruflich Fuß fassen möchte, bereits viermal wegen Betruges verurteilt, einmal hat er sogar eine mehrjährige Haftstrafe abgesessen.

Doch am Ende räumt der Angeklagte auch Details zu den Vorwürfen ein, seine 52-jährige Freundin, im Prozess wortkarg und zurückhaltend, nickt alles ab. Sie gestehen die Unterschrift unter dem Kaufvertrag für das Haus, obwohl sie drei Tage zuvor erfahren hatten, dass die Finanzierung geplatzt ist. Ihre Bitte, schon in das Gebäude einziehen zu dürfen, das Geld werde ja binnen einer Woche überwiesen. Und dass sie dort anderthalb Monate wohnten, ohne dass der Hausbesitzer auch nur einen Cent dafür bekam.

Auf 2000 bis 3000 Euro beziffert die Staatsanwältin den Schaden. Der frühere Hausbesitzer Rolf F. geht eher von 40 000 Euro aus, die sich unter anderem aus entgangenen Mieteinnahmen und Notarkosten, die er allein tragen musste, summierten, zudem aus angeblich von den Angeklagten verursachten Schäden im Haus, die repariert werden mussten, um es dann ein halbes Jahr später doch noch an einen anderen Interessenten verkaufen zu können. Mit finsterem Blick mustert der 69-Jährige jetzt als Zeuge im Prozess den Mann, der ihm diesen finanziellen Schaden zugefügt hat und alle Illusionen geraubt. Nie wieder, betont Rolf F., würde er sich bei einem Hausverkauf auf freundliche Versprechungen verlassen. "Dass es Probleme mit der Finanzierung gab, war überhaupt kein Thema", erinnert er sich an den Termin beim Notar. Der Angeklagte habe ihn gefragt, ob er den Schlüssel schon vor der Bezahlung haben könne. "Er sagte, er habe Geburtstag und wolle gern schon vorher einziehen", erzählt der Zeuge. Als er später eine Räumungsklage gegen Detlev K. und Heike S. angestrengt habe, sei das Paar "in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ausgezogen. Den Schlüssel hatten sie an die Hauswand geklebt, da hätte sich jeder bedienen können. Aber glücklicherweise ist nichts passiert."

Vier Monate Haft mit Bewährung wegen Betruges lautet das Urteil des Amtsrichters schließlich für Detlev K. Damit bleibt er noch zwei Monate unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Gegen die nicht vorbestrafte Heike S. verhängt der Richter eine Geldstrafe von 320 Euro. Es sei "nicht naheliegend", betont der Richter, dass der Hausbesitzer den Kaufvertrag unterschrieben hätte, wenn er von den Finanzierungsproblemen gewusst hätte. Damit hätten die Angeklagten einen Wohnvorteil ertrogen. Das Urteil nimmt das Paar sofort an, schließlich fällt es deutlich milder aus, als Detlev K. prognostiziert hatte. Finster hatte er vor der Verkündung der Entscheidung das Szenario seiner Verhaftung noch im Gerichtssaal entworfen: "Ich habe keine positiven Erwartungen. Ich gehe davon aus, dass ich heute nicht mehr nach Hause darf."