Ulrike Peters und Mike Berlin finden seit zwei Jahren keine behindertengerechte Wohnung für ihre kleine Familie

Eilbek. Fröhlich jauchzend läuft Finia (23 Monate) durch das Wohnzimmer. In der Hand eine kleine rote Tasche. "Tiffi", sagt sie und zeigt auf den Kuschelteddy, der in ihrer Tasche sitzt. Und dann "Papa". Eine klare Ansage, der soll sie nämlich auf seinen Schoß nehmen. Und ihr helfen, im Badezimmer ein neues Tattoo auf der Hand zu befestigen. Was für andere Eltern wenige Sekunden in Anspruch nehmen würde, kostet Finias Vater Zeit. Mike Berlin sitzt im Rollstuhl. Das hindert den 31-Jährigen allerdings nicht daran, seiner quirligen kleinen Tochter jeden Wunsch zu erfüllen. Und so verschwinden die beiden gleich im Bad.

Finia ist das große Glück von Mike Berlin. Auch wenn das Kind ihn und seine Lebensgefährtin Ulrike Peters vor große Herausforderungen stellt. Denn nicht nur der junge Mann ist nach einem Badeunfall vor neun Jahren querschnittsgelähmt, seine Freundin leidet seit ihrer Geburt unter einer Muskelschwunderkrankung und ist in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt. "Wir sind jeden Tag dankbar, dass wir die Kleine haben", sagt die junge blonde Frau schlicht, die sich ganz bewusst für ihre kleine Familie entschieden hat. "Doch die Geburt von Finia hat einfach vieles geändert." Das betrifft im Moment aber vor allem praktische Dinge, wie die Suche nach einer geeigneten Wohnung.

Die Familie sucht seit mittlerweile zwei Jahren erfolglos ein neues Zuhause, in dem genug Platz ist. Noch immer wohnen die drei in einer Zweizimmerwohnung in Eilbek. Auf engstem Raum teilen sie hier Schlaf-, Wohn- und Spielzimmer. "Solange Finia ein Säugling war, war das kein Problem. Doch jetzt braucht unsere Tochter ein eigenes Zimmer und wir unser Schlafzimmer für uns", sagt Ulrike Peters. "Aber im ganzen Umkreis scheint es keine Wohnung zu geben, die für uns beide barrierefrei zu erreichen ist." Erschwert wird die Suche dadurch, dass die kleine Familie nicht ans andere Ende der Stadt ziehen kann. "Finia geht in die Kita Gartenstadtkinder und da wollen und können wir sie nicht wieder rausnehmen", sagt Berlin. "Denn schon die Suche nach einer barrierefreien Kita gestaltete sich im vergangenen Jahr als ausgesprochen schwierig." Zudem kann und will das Paar nicht mehr als maximal 900 Euro Miete zahlen.

Ganze zwei Angebote habe das zuständige Amt der Familie in zwei Jahren gemacht, davon eines in einem sozial schwierigen Stadtteil weiter außerhalb. "Ich schreibe oder telefoniere beinahe täglich Vermieter, Genossenschaften und Bauträger an, aber bisher war nie etwas für uns dabei", so Peters. Oftmals sei der Umzug an Kleinigkeiten gescheitert. Vielfach sei man beispielsweise nicht bereit gewesen, eine Rampe zur Haustür oder eine elektronische Haustür einzubauen. "Ich glaube, viele Bauträger finden es zu kompliziert, ihre Wohnung an zwei behinderte Menschen zu vergeben. Wir haben manchmal das Gefühl, dass wir unerwünscht sind." Dabei bräuchten sie nicht mehr, als eine geräumige Wohnung von rund 100 Quadratmetern, die mit einem Rollstuhl problemlos zu erreichen ist. "Alles andere können wir selbst umgestalten."

Auch nach einer Eigentumswohnung, einem Haus oder einem Grundstück zum Kauf haben sich die beiden bereits umgeschaut. "Am besten wäre es, wir könnten selbst neu bauen", so Peters. "Denn ein Haus darf für uns nur ein Stockwerk haben und wir könnten es so konstruieren, dass es genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist." Zumal die Fördergelder einen Kauf durchaus attraktiv machen würden.

Im gesamten Bezirk Wandsbek, in dem die Familie wohnt und auch bleiben möchte, befinden sich nach Angaben des Bezirksamtes 18 barrierefreie öffentlich geförderte Wohnungen und 100 behindertengerechte öffentlich geförderte Wohnungen, die Rollstuhlfahrern vorbehalten sind. "Unser Soziales Dienstleistungszentrum erteilt Menschen in dieser Situation einen Dringlichkeitsschein als Voraussetzung für eine Vermittlung in freie öffentlich geförderte Wohnungen", sagt Anne Bauer, Sprecherin des Bezirksamtes. Denn das Bezirksamt biete alle freien Wohnungen selbst an. "Eine zügige Vermittlung ist dabei aber abhängig von der Wohnungsmarktlage, den unterschiedlichen Bedürfnissen und besonders auch den Wünschen der Menschen."

Auch Peters und Berlin haben diesen Dringlichkeitsschein. Dennoch fühlen sie sich mit ihrer Suche allein gelassen. "Ist es denn etwa so außergewöhnlich, dass zwei behinderte Menschen ein gesundes Kind bekommen und somit eine größere barrierefreie Wohnung brauchen?" Dennoch, ihre Lebensfreude lassen sie sich weder durch ihre schweren Erkrankungen noch durch die ermüdende Suche nehmen. "Wir sind so glücklich mit unserer kleinen Finia. Da werden wir auch die anderen Schwierigkeiten noch meistern."