Die beiden sehen sich zum Verwechseln ähnlich und kommen sich ständig in die Quere. Dabei sind sie als klassische Jahresendfiguren ausschließlich saisonal im Einsatz. Nur Kenner halten sie auseinander, trotz ihrer erkennbar gestrigen Klamotten. Wer sonst trägt noch pelzbesetzte rote Gewänder, bodenlang? Wer sonst lässt den weißen Rauschebart ungepflegt wuchern? Nikolaus und Weihnachtsmann scheren sich den Teufel um Moden. Ach, sind die schön zeitlos!

Sogar die Kids von heute tragen den beiden Herren trotz der eigenen Vorliebe für Markenjeans die gestrigen Gewänder nicht nach. Das muss am Job der Alten liegen. Die zwei machen auf sehr altmodische Weise richtig Freude: Sie verteilen berufsmäßig Geschenke.

Nikolaus macht das schon merklich länger. Er ist seit mehr als 1000 Jahren unterwegs und weiß inzwischen selbst nicht mehr, auf welche historische Figur er zurückgeht. War er ursprünglich der Bischof, der um anno 300 nach Christus in Myra wirkte, heute nur eine Autostunde vom türkischen Urlaubsort Antalya entfernt? Oder verkörpert er den Mann gleichen Namens, der als Bischof und Abt im Kloster Sion in derselben Region beeindruckte, nur eben 200 Jahre später? Eins aber ist klar: Mit seinem modernen Pendant, dem weltlichen Geschenkefritze Weihnachtsmann, hatte Nikolaus damals nichts am Hut.

Apropos Kopfbedeckung. An der lassen sich unsere beiden Helden gut auseinanderhalten. Nikolaus trägt als Bischof eine Mitra, die traditionelle Mütze, deren Form so markant ist, dass sie sogar als Namensgeber für die ähnlich aussehende Herzklappe ("Mitralklappe") herhalten muss. Der echte Nikolaus ist nun mal Herzenssache. Das wissen alle, die an diesem Sonntag, am Vorabend seines Gedenktags, dem 6. Dezember, traditionell ihre Stiefel rausstellen, damit diese sich über Nacht mit Naschkram füllen.

Der echte Nikolaus, dem heute noch jede Nicole ihren Namen verdankt, hatte auch zu Lebzeiten Gutes im Sinn. So soll er sein Erbe in Form von Goldklumpen nachts durch das Fenster dreier Jungfrauen geworfen haben, um sie vor der antiken Herbertstraße zu bewahren. Denn ihr verarmter Vater sah sich gezwungen, die Mädels der Prostitution auszuliefern. Der Goldsegen bewahrte sie vor dem Schicksal. In Anspielung auf die fromme, lebensnahe Legende wird Nikolaus seit Jahrhunderten mit drei güldenen Kugeln oder abgespeckt mit drei Äpfeln malerisch gern in Szene gesetzt.

Soweit das Original. Da bleibt für den Weihnachtsmann leider nur die Rolle der Fälschung, eine Kopie mit kleinen Fehlern. Dafür dürfte er vermutlich Frau und Kinder sein Eigen nennen und verzichtet auf die rührselige Geschichte der fast gefallenen, in letzter Minute geretteten Mädchen.

Der Weihnachtsmann - je nach Sprachgebrauch auch Santa Claus oder Sinterklaas - ist, wie der Beiname offenbart, verwandt mit dem Original. Er betritt die Weltbühne aber erst 1821 in New York, schon im Schlitten, aber noch im bräunlichen Fellkleid. Erst in den 1920er-Jahren verpassen ihm Grafiker und Cartoonisten in den USA das samtige Rot, in dem er als Hauptfigur einer Coca-Cola-Werbekampagne zehn Jahre später auf seinem Siegeszug nicht mehr zu stoppen ist. Den Wohnsitz verlegt der Weihnachtsmann dabei ins nördliche Lappland, am Fuße des Berges Korvatunt. Dort soll er eine aufwendige Produktion vielfältiger Spielzeuge betreiben. Ob seine Frau wirklich Mary Christmas heißt, konnte nie bewiesen werden. Wie überhaupt die meisten Details seiner Existenz am liebsten bilderbuchmäßig ausgeschmückt werden.

Als Gemütsmensch wird er nur mit den Achseln zucken, wenn er erfährt, dass die katholische Kirche ihn nicht mal in Schokoversion richtig liebt. Deshalb kann man über fromme Kanäle einen Original-Schoko-Nikolaus mit Mitra und Bischofsstab ordern.

Der Weihnachtsmann hat andere Sorgen. Schneeverwehungen, das ewige Eis, das lähmende Warten auf die Klimaerwärmung und seine erschöpften Rentiere vor dem betagten Schlitten machen es ihm unmöglich, schon an diesem Wochenende zum 6. Dezember in der Zivilisation aufzukreuzen. Er schafft das erst am Heiligen Abend. Dann beschenkt er die sehnlich wartenden Kinder. Sein Alle-Jahre-wieder-Problem: Er steht mancherorts in Konkurrenz zum Christkind. Aber das ist eine andere Geschichte.