Held des Nordens 2010: Mathias Brodkorb aus Rostock

Rostock. Es war ein heißer Sommer, damals 2008 in Rostock. Im belebten Studentenviertel Kröpeliner-Tor-Vorstadt (kurz: KTV) eskalierte die Gewalt. Dort hatten Rechtsextremisten ein Jahr zuvor einen Laden eröffnet. Die Gegner demonstrierten; die Nazis erklärten Rostock zur "Frontstadt". Steine flogen. Es gab Brandanschläge.

Auch Mathias Brodkorb, 1977 in Rostock geboren, wollte gegen den Laden vorgehen. Aber ohne Gewalt und "im rechtsstaatlichen Rahmen", sagt der heute 33-Jährige, der seit 2002 für die SPD im Schweriner Landtag sitzt. In einer Rotweinrunde ersann Brodkorb im Spätsommer 2008 mit einer Handvoll Gleichgesinnter eine verwegene Strategie: Nicht mit der Faust würden sie den rechtsextremistischen Devotionalienhandel plattmachen - sondern über dessen Angebot mit Satire "entspannt und fröhlich aufklären".

Und zwar mit Klamotten, mit einer ganzen Kollektion. Die Nazihändler in der KTV verkauften unter anderem ihre favorisierte Modemarke "Thor Steinar". Brodkorb und seine Mitstreiter jonglierten mit den Buchstaben des Namens, heraus kam "Storch Heinar - die einzig wahre Nazi-Mode". Bald darauf brachten sie die ersten T-Shirts, Anstecker und Taschen, auf denen der Storch mit Scheitel und Hitlerbärtchen posierte, auf den Markt.

Die Thor-Steinar-Firma Mediatex war verärgert. Postwendend versuchte sie, den Satire-Storch gerichtlich verbieten zu lassen. Im Sommer 2010 wies das Nürnberger Landgericht den Kläger in die Schranken. Brodkorb gewann nicht nur den Prozess, sondern sein Storch auch enorm an Bekanntheit, dank der kostenlosen Werbung.

Die Satire-Attacke war nicht der erste Streich des studierten Philosophen gegen Rechtsaußen. Als sich vor der letzten Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2006 abzeichnete, dass die rechtsextremistische NPD in den Landtag einziehen könnte, war Brodkorb maßgeblich an der Gründung der Initiative "Endstation Rechts" beteiligt. Bis zu 200 Helfer engagierten sich unter diesem Motto gegen die NPD. Den Einzug der Extremisten in den Landtag konnten sie zwar nicht verhindern. Die Initiative machte aber weiter. Aktivisten klären seither in Schulen auf, organisieren Veranstaltungen mit Nazi-Aussteigern. Herzstück ist eine inzwischen mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Internetplattform, auf der Brodkorb und seine Mitarbeiter die Aktivitäten der NPD dokumentieren und analysieren.

Das kommende Jahr wird für "Endstation Rechts" und Storch Heinar wieder ein heißes: Im Vorfeld der nächsten Landtagswahl wird Brodkorb seinen Storch ins Rennen schicken. "Als NPD-Gegenkandidat wird er die braunen Lutscher in die Tasche stecken." Er zeigt sich "verhalten optimistisch", dass die NPD tatsächlich kein zweites Mal in den Landtag einziehen wird. Übrigens: Den Laden in Rostock haben die Nazis inzwischen aufgegeben.