Bürgermeister Ahlhaus (CDU) “überrascht und enttäuscht“ von den Grünen. Heute entlässt er ihre drei Senatoren

Hamburg. Showdown im Hamburger Rathaus: Die GAL hat zweieinhalb Jahre nach dem Start das schwarz-grüne Bündnis aufgekündigt. Nicht einmal 100 Tage nach seinem Amtsantritt steht Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) nun ohne Mehrheit da.

Voraussichtlich am 20. Februar sind die Hamburger aufgerufen, eine neue Bürgerschaft zu wählen. Die oppositionelle SPD nominierte Ex-Bundesarbeitsminister Olaf Scholz als Spitzenkandidaten. Für die CDU soll Ahlhaus ins Rennen gehen.

Es war ein Tag, an dem sich die Ereignisse überschlugen. Um kurz vor 11 Uhr platzte die Bombe. Da meldete Abendblatt-Online als Erster das Aus des Bündnisses. "Wir müssen nun nach nicht einmal 100 Tagen feststellen, dass der Neustart nicht gelungen ist und dass die Stabilität in der Koalition nicht mehr da ist - auch durch die zahlreichen personellen Wechsel im Senat", begründete GAL-Fraktionsvorsitzender Jens Kerstan kurz darauf den Trennschritt. Bis in die Nacht hatten die Grünen mit sich gerungen, ehe die Entscheidung fiel.

Unmittelbarer Anlass war der Rücktritt von Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) in der vergangenen Woche. "Das war der fünfte Rücktritt eines Senatsmitglieds binnen weniger Monate, der uns vor die Frage gestellt hat, ob wir diese Koalition erneut bestätigen wollen. Das mussten wir mit einem klaren Nein beantworten", sagte Kerstan. "Der gemeinsame Geist und die große Verlässlichkeit, die diese Koalition bis zum Sommer getragen haben, sind verflogen", sagte GAL-Landschefin Katharina Fegebank.

Ahlhaus und die CDU reagierten mit völligem Unverständnis. "Ich bin überrascht und enttäuscht", sagte der Bürgermeister. Nie habe sich ein Grüner über mangelnde Verlässlichkeit des Bündnisses bei ihm beklagt. Ahlhaus warf der GAL "Flucht aus der Verantwortung" vor. Partei- und Fraktionschef Frank Schira gab die Losung "Ab jetzt ist Wahlkampf" aus. Bei den Grünen reiche die Kraft offensichtlich nicht mehr aus, "sich am Konsolidierungsprozess zu beteiligen". Heute will Ahlhaus die drei GAL-Senatoren Christa Goetsch (Schule), Anja Hajduk (Stadtentwicklung) und Till Steffen (Justiz) sowie die GAL-Staatsräte entlassen.

SPD-Landeschef Olaf Scholz erklärte am Nachmittag nicht nur seine Kandidatur für das Bürgermeisteramt, sondern gleichzeitig auch seine bevorzugte Koalition. "Eine Koalition mit der GAL ist die Option, die wir am besten finden", betonte er. In den vergangenen Wochen und Monaten habe es zwischen den beiden Parteien bereits mehrfach Gespräche gegeben.

Die Zusammenarbeit von SPD und GAL in Hamburg war gut, sagte Scholz. "Das war eine Erfahrung, die mehr oder weniger alle als erfolgreich empfunden haben", sagte der Sozialdemokrat. Für ihn sei die Entscheidung zum Koalitionsbruch "lange überfällig" gewesen. "Es wäre nicht mehr lange gut gegangen", mutmaßte Scholz am Nachmittag. Ein Senat brauche auch moralische Kraft. Eine Kraft, etwas zu bewegen, und die Unterstützung der Bürger. "Deshalb war es gut, dass jetzt diese Entscheidung gefallen ist, und es ist auch gut, dass es ein schneller und zügiger Wahlkampf wird", sagte Scholz.

Das Aus von Schwarz-Grün sorgte auch in Berlin für ein kräftiges Echo. "In Hamburg haben wir die Konsequenz aus der zunehmenden Regierungsunfähigkeit der CDU von Herrn Ahlhaus gezogen", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir im Interview mit dem Abendblatt. Die Grünen hätten immer gesagt, Schwarz-Grün sei kein Modell für den Bund.

Özdemir betonte die Eigenständigkeit seiner Partei. "Die aktuelle Verhärtung der CDU führt bei uns nicht dazu, dass wir uns die SPD schönreden", sagte der Grünen-Chef. "Das ist ein neuer Akt im grünen Dagegen-Theater", sagte CDU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) meinte, nun trenne sich, "was nicht zusammengehört". "Der Schritt der Grünen ist konsequent", sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).