Die Suche nach den schönsten Frauen hat beim Hamburger Versandhändler Otto Tradition. Claudia Schiffer, Heidi Klum, Bar Refaeli - die Musen der Modelszene durften schon vom Katalog herablächeln, vermutlich vom Vorstandschef persönlich abgenickt. Solche einsamen Entscheidungen in der Chefetage sind in Zeiten des Web 2.0 Geschichte. Der moderne Internetnutzer will einbezogen werden, er will per Mausklick mitteilen, was ihm gefällt.

So kommt es, dass demnächst ein Transvestit das Titelgesicht der ottoschen Facebook-Seite sein wird. In einem Wettbewerb hatten 50 000 Nutzer des Netzwerks Fotos von sich hochgeladen, mehr als eine Million Mitglieder stimmten über die oder den Schönsten ab. Die Gewinnerin: Brigitte aus Koblenz, mit ihrem güldenen Haar und dem roten Kussmund einer Heidi Klum gar nicht so unähnlich. Der mit 23 000 Klicks eindeutige Sieg war allerdings zweideutig: Hinter Perücke, Minirock und schwarzen Netzhandschuhen verbirgt sich Student Sascha, wie Otto gestern mitteilte. Den "Travestie-Ulk", wie es in der Pressemitteilung hieß, nimmt das Unternehmen mit Humor. Wie versprochen darf der Gewinner zum Fotoshooting nach Hamburg kommen. Immerhin hat Sascha sogar mit Flyern die Werbetrommel für sich - und Otto - gerührt.

Bleibt zu hoffen, dass der Konzern aus diesem Präzedenzfall lernt. Denn für die Facebook-Nutzer, also die Käufer von morgen, gilt das Mantra von "Sex sells" offenbar nicht mehr. Der beste Witz erregt die meiste Aufmerksamkeit. Sollte der Otto-Vorstand demnächst wieder eine Frontfrau für den Printkatalog suchen, dann wohl nur nach demokratischer Briefwahl.